Anreise mit
Hindernissen
Mit dem Herbst wird
wieder die schachliche Hochzeit eingeleitet. Die Mannschaftskämpfe
haben begonnen, und auch das ein oder andere Open findet wieder statt.
Dennoch sind diese Turniere rar gesät, und auch wenn man spielwillig
ist, muss man schon nehmen, was man kriegen kann. In Eindhoven fand ein
größeres Wochenend-Open mit 6 Runden statt. Ein brutaler Terminplan,
wir kommen gleich dazu, aber Sebastian wollte spielen - also nichts wie
hin. Ich beschränkte mich auf die Betreuertätigkeiten, aber wir
hatten diesmal noch einen Gast: David Kardoeus von Werder Bremen, der frisches
Blut in unser Gespann brachte.
Schwierige Anreise
am Freitag Nachmittag: Aus den 3 Stunden, gerechnet ab Ostfriesland, wurden
4,5. Grausige Staus im Umfeld von Utrecht. Wir nutzten schon die abgefahrensten
Ausweichrouten über obskure Feldwege, wobei ich einmal eine Brücke
übersah, wonach wir fast im Blues Brothers-Stil abgeflogen wären.
Die Anmeldefrist wurde gerissen, aber per Telefon wurde die Lage entschärft.
Wir regelten noch kurz die Unterkunft, und dann ging es für Bast und
Kadde auch schon ans Brett.
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The good ol' Blues
Brothers boys
So ungefähr wären
wir fast abgeflogen
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Freitag Abend, 19:30
Uhr
Auftakt mit zwei
Punkten
Eine Runde musste am
Freitag Abend aber nur überstanden werden von unseren beiden Helden,
zudem noch gegen „untere Hälfte“. Am Start waren etwa 100 Teilnehmer
in zwei Open. Bedenkzeit war 90 Minuten + 30 Sekunden Inkrement für
die gesamte Partie. Also keine zweite Zeitperiode. Nur so kann man sechs
Runden in drei Tage quetschen. Quantität vor Qualität? Ich sag
immer: Da geht noch was!
GM Dgebuadze war der
Topgesetzte, Sebastian lauerte immerhin schon auf Rang fünf, David
an neun. Es gab jede Menge Live-Bretter, die Übertragung hier hat
auch endlich mal reibungslos funktioniert, sogar die Bedenkzeiten wurden
im Grunde korrekt übertragen. Schlecht war allerdings, dass die Paarungen
nicht vor Rundenbeginn bekanntgegeben wurden, zumindest nicht im Internet.
Keine Probleme am Freitag
für unsere Jungs, die jeweils gegen 1900 mit Schwarz spielten. Sebastians
Gegner spuckte früh einen Bauern und das Läuferpaar, was er dann
im Nachgang nicht nachweisen konnte. Eingangs des Doppelturmendspiels mit
zwei Minusbauern gab der Niederländer auf. Kadde stand in der Eröffnung
etwas verdächtig, glich aber schnell aus und überspielte seinen
Gegner nach Damentausch völlig.
Schon reichlich spät
waren wir dann in unserer Unterkunft. Ein nettes Holzhaus, welches sogar
eine Sauna beinhaltete. Schon weit nach Mitternacht wurde diese dann auch
noch angeworfen. Am nächsten Tag jedoch drohte ein Mammutprogramm:
3 Runden standen auf dem Zettel. Auch wenn ich als Manager nicht spielte,
musste ich doch um 2:30 Uhr mal langsam um Ruhe bitten!
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Blick in den Saal
Rustikal, es fehlte
nur die Bondse Bowlingbaan
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Samstag, Teil I
Wieder zwei Punkte
Am Samstag Morgen um
9 Uhr ging es an die Bretter zur 2. Runde. Mit Weiß gegen Leute um
die 2000 mussten erneut zwei Punkte eingefahren werden, wollte man denn
oben mitspielen. Und dies gelang. Davids Gegner gab recht früh und
recht sinnfrei zwei Figuren für einen Turm (und einen Bauern). Er
bekam später nochmal eine Chance, den Kampf zu verwickeln, aber ließ
diese aus und hatte im Endspiel einfach Material weniger. Hier ein ganz
kurzer Blick auf den kritischen Moment:
David
- de Vries (1993) 1-0
Sebastian stand schnell
positionell stark:
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Weiß mit
dem Siebenbauern-Angriff
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Welch ein Bild! Sieben
Bauern auf der 4. Reihe. Das sieht man nicht alle Tage. Doch Bast hatte
Probleme in der Umsetzung. Nach einem positionellen Missverständnis
hat er dann auch nochmal taktisch „reingeschissen“, wie Maik immer so schön
sagt. Doch am Ende ging alles gut aus. Hier das Drama in vollster Blüte:
Sebastian
- van der Meiden (2012) 1-0
Das war ein Wackler,
die Frage war: Nur ein Ausrutscher oder doch schlechte Form? Abwarten…
Samstag, Teil II
Die Meister warten
In der Nachmittagsrunde,
14 Uhr, warteten zwei Meister: Sebastian traf auf den Großmeister
im Feld, David auf IM Grooten. Immerhin hatte Sebastian nochmal Weiß.
Dgebuadze ist ein alter Bekannter. Beim NordWest-Cup 2020 hat Sebastian
gegen ihn Remis abgelehnt und dann überzogen. Auch diesmal gab es
wieder ein „unmoralisches Angebot“ des Meisters in schlechterer Stellung:
Sebastian
- Dgebuadze (2437) 1/2
Ein schnelles Remis
also! Sebastian hat vielleicht etwas unterschätzt, wie gut seine Stellung
wirklich war. Man hätte noch lange kneten können. Andererseits:
Remis gegen den GM im Feld und nun drei Stunden Pause vor der nächsten
Runde waren keine schlechten Dinge.
Dramatischer zu ging
es bei Kadde gegen IM Herman Grooten. Der Meister hatte einen Eröffnungsvorteil
liegenlassen wie die Petersilien auf einem Teller im Schnellimbiss. David
übernahm die Initiative. Leider entglitt sie ihm nach und nach, Grooten
konnte sich durch Abtausche entlasten. Im Endspiel war der Niederländer
dann trickreicher:
Grooten
(2286) - David 1-0
Bitter für den
Werderaner. Grooten hatte schon in der Runde zuvor etwas Dusel gehabt.
Diese dramatische Partie sehen wir noch am Ende des Berichtes.
Samstag, Teil III
Dramatische Niederlagen
Nun also die dritte
Runde des Tages! Immerhin konnte Sebastian drei Stunden Pause einlegen,
David war dieser Luxus nicht vergönnt. Der klassische Bulletproof-Kaffee
hatte bis dato immer geholfen, die nötigen Energiereserven bereitzustellen,
aber das Getränk hatte nach der Abendrunde wohl ausgedient. Bislang
zumindest für Sebastian ein vernünftiges Turnier: 2,5/3 und den
Großmeister schon weg. Nun ging es mit Schwarz gegen einen gleichstarken
Gegner.
Der Oldenburger glich
das Spiel aus, aber Weiß fand immer neue Ressourcen und stand immer
mal wieder auf Gewinn, fand aber auch regelmäßig nicht die richtigen
Fortsetzungen. Ganz am Ende hatte Sebastian noch mal die Möglichkeit
zu einem Dauerschach. Aber er war schon seit längerer Zeit nur noch
auf Inkrement unterwegs - und musste dem letztlich Tribut zollen:
van
Roon (2247) - Sebastian 1-0
Für Kadde gab
es den größten anzunehmenden Unfall: Weiß-Null gegen 1700…
Schuld war hier eine Eröffnungskatastrophe:
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David mit Weiß
nach Lb5
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Der Werderaner hatte
soeben nach einer schon fragwürdigen Neuerung (f4) 14. Lb5?
ausgegraben. Schwarz bekam nun nach … c6 eine Gewinnstellung: Wg.
Db6+ muss der Läufer ziehen. Aber das Damenschach kommt dann dennoch
nebst Lxb2. David kämpfte danach wie ein Löwe und erreichte letztlich
ein Turmendspiel mit nur einem Minusbauern. Aber Schwarz spielte auch extrem
stark und gönnte sich den ganzen Zähler.
Die Sauna blieb an
diesem Abend aus.
Sonntag
Die Pflicht ruft
- wer antwortet?
Zwei Runden noch, es
galt, sauber aus dem Turnier zu kommen. Pflichtaufgaben mussten erledigt
werden. Basts Momentum war allerdings wohl verflogen. Erneut hatte er mit
Weiß - wie in Runde zwei - eine positionell starke Stellung, aber
konnte nichts daraus machen. Sein Gegner, ein älteres Kaliber Marke
Haudrauf, früher mal 2200, jetzt im mittleren 2000er-Bereich, verwickelte
erfolgreich und spielte auch insgesamt eine sehr starke Partie. Hier ein
kurzer Überblick über die kritische Phase:
Sebastian
- Faber (2063) 0-1
David bekam die Möglichkeit,
mit Schwarz gegen Trompowsky einmal feucht durchzuwischen. Hier ein kurzer
Einblick in die technische Phase der Partie gegen einen 2000er:
van
Zon (2008) - David 0-1
Vor der letzten Runde
ging es in die Eindhover Innenstadt, die gut besucht war. Die Suche nach
einem vernünftigen Fressladen blieb allerdings erfolglos, so mussten
dann am Ende doch wieder die guten alten Fritten vom Kebab-Haus herhalten.
Die waren wohl nicht besonders nahrhaft bei Sebastian, es ging in der letzten
Runde bei ihm recht ruhig zur Sache:
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Sebastian mit
Schwarz am Zug
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Schwarz hat hier den
rückständigen Bauern auf e7. Nach nun z.B. Ld7 bleibt Weiß
auf einem schlechten Läufer sitzen, entscheidender ist aber wohl,
dass nach Ld7 Schwarz mal die Möglichkeit hat, den e-Bauern vorzustoßen,
der Läufer könnte dann auf e6 nehmen. Andererseits fürchtete
Sebastian, dass Weiß den Läufer mit Lc2 in den Angriff einschaltet.
Aber nach dem von ihm gespielten 16. … La4? bleibt er einfach auf
der Schwäche e7 sitzen. Nach 17. Tf-e1 Tf-e8 nahm Weiß
auf a4, und - bot Remis an. Die Annahme des Angebots war Sebastians bester
Zug in dieser Partie, er hätte lange zu leiden gehabt.
David überstand
diesmal eine Eröffnungskatastrophe unbeschadet. Sein Gegner wurde
der Komplikationen nicht Herr, und am Ende blieb eine Figur im Netz der
Verwicklungen hängen. Kadde beendete die Partie stilvoll:
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Weiß am
Zug
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26. d7+ Lxd7 27.
Tf8+ 1-0
Fazit
Ein paar Elo-Verluste
für unsere beiden Kämpfer war nicht das, was man wollte. Immerhin
noch eine Top Ten-Platzierung für David. GM Dgebuadze gewann das Turnier
punktgleich mit dem jungen niederländischen FM van Osch und einem
deutschen 2100er. Es gab übrigens die Möglichkeit, in den ersten
vier Runden ein Bye zu nehmen. Man bekommt dann einen halben Punkt für
diese Runde. Mehrere oben platzierte Spieler machten davon Gebrauch. So
nahm der Zweitplatzierte van Osch ein Bye für Samstag Abend. Man spart
so etwas Kraft und erleichtert seinen Spielplan.
Vielleicht ist das
interessant. Andererseits will man ja Schach spielen. Das Programm ist
aber schon ziemlich hart. Ansonsten ist alles gesagt: Vernünftige
Spielbedingungen (man könnte vielleicht mal lüften), viele Live-Bretter
auf der Haben-Seite, schlechte Auslosungsphilosophie als Minus. Die Niederlande
praktizierten übrigens 1G… Das hat aber wohl nicht überall Anklang
gefunden. So z.B. hagelte es viele Absagen beim traditionell starken Turnier
in Hoogeveen. Im Gegensatz zu Deutschland ist man aber konsequent: 1G,
und dann aber keine weiteren Auflagen im Saal.
In Deutschland wird
ja zum Teil bei Schachturnieren 1G praktiziert UND ein strenges Regime
auferlegt: Desinfektion, Abstand, Maske (außer am Brett), keine Zuschauer…
Da hat man das Prinzip irgendwie nicht richtig verstanden. Das zumindest
war in den Niederlanden auch für mich als Kiebitz kein Problem.
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Das wüsteste
Team seit Nitro und Glycerin
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Schmankerl: Dramatische
Partie aus Runde 2
Hier noch eine dramatische
Partie aus der zweiten Runde: IM Herman Grooten mit Schwarz gegen einen
portugiesischen 2100er (Jahrgang ’94). Das war schon als Zuschauer faszinierend.
Grooten hing in den Seilen, am Ende war es ausgeglichen. der IM zeigte,
wie später gegen David, dass seine Stärken im positionellen Bereich
liegen. Schließlich kam es, wie es kommen musste: Der schwächere
Spieler warf sich mal wieder selbst ins Schwert.
Margarido
(2129) - Grooten (2286) 0-1
Hier noch wie immer
der Link zur offiziellen Seite: Link
frank modder, 20.10.2021
Die Klosettfrage
Scheinbar schon von
Bud Spencer und Terence Hill ausdiskutiert, kam sie in den Niederlanden
erneut aufs Tapet. In einigen Dingen ticken die Uhren drüben schon
anders, so z.B. im Straßenverkehr. Fährt der Niederländer
in einen Verkehrskreisel, so sind drei Verhaltensweisen zu beobachten,
die sich von der Häufigkeit her in etwa die Waage halten: Links blinken,
rechts blinken, gar nicht blinken. In ersterem Fall ist man immer geneigt,
wild gestikulierend auf die Hupe zu drücken, um ein Desaster zu verhindern.
Aber man gewöhnt sich dran.
Aber auch im sanitären
Bereich gibt es hier und da wohl Unstimmigkeiten, die der Klärung
bedürfen:
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Merkwürdiges
Schild auf der Toilette
im Turniersaal. Nicht
im Stehen pinkeln?
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Das war dann später
die Folge des Schildes.
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Hinweis auf dem
Klo unserer Unterkunft. Da drüben muss man wohl schon manches erlebt
haben.
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