Reisebericht
aus Bad Zwischenahn
Der Nordwest-Cup in
Bad Zwischenahn stand mal wieder auf der Agenda. Seit 2006 war ich bei
allen regulären Ausgaben dabei, allermeistens mit Sebastian. Als Schachrentner
(oder Teilzeitarbeiter!?) konnte ich es mir aber diesmal bequem daheim
einrichten und die Abenteuer verfolgen - Bulldogge Bubba verlangte ihre
Aufmerksamkeit. Aber hin und wieder war ich vor Ort in Bad Zwischenahn
und stand auch sonst in regem Kontakt mit den Unionisten von Oldenburg.
Hier nun also der Reisebericht, immer auf der Suche nach Ungewöhnlichem
und Interessantem, und davon gab es hier wieder reichlich.
Tag 1, Donnerstag
IM geklatscht
Die Bude in Bad Zwischenahn
krachte aus allen Nähten, die Teilnehmergrenze war schon lange erreicht.
Diesmal gab es drei Open. Die Untergrenze im A-Turnier, 1850 ELO, wurde
aber nicht immer eingehalten, es waren auch 1600/1700er zu finden. Was
man so mitbekam, gab es durchaus die eine oder andere organisatorische
Herausforderung diesmal. Wir schauen hier einfach mal ein wenig auf die
Bretter von Sebastian und meinen Oldenburger Mitstreitern Maik und Steffen.
Livebretter - wie zuletzt
in Verden - gab es leider nicht, wir können also nicht
das übrige Geschehen einfangen.
Vor allem Steffen haute
gleich richtig einen raus! Sebastians einstiger Schüler und mein Protegé
(hehe!) fehlt leider etwas Praxis, sonst hätte er schon längst
die 2000 geknackt. Hier aber schoß er in der ersten Runde den Vogel
ab und zerlegte einen IM fachgerecht. Dogge Bubba gastkommentiert im Folgenden
für uns diese Partie:
Steffen
(1927) - IM Lindberg (2351) 1:0
Wahnsinn! Das sieht
man nicht alle Tage. Ebenfalls einen Titelträger gab es für Maik,
er konnte aber GM Milov nicht auf den Zahn fühlen. Sebastian startete
gegen 1900 ins Turnier und auch noch mit Schwarz, immerhin aber war es
kein Covid-Boy. Also kein Kind, welches sich während der Corona-Pause
hochgezüchtet hat und nun schon viel stärker spielt, als seine
Zahl. Weiß hielt sich bis ins Endspiel ganz gut, dann zeigte Sebastian,
wie man mit dem Läuferpaar einen Bauern überkompensiert:
Moors
(1946) - Sebastian 0:1
Die Oldenburger schlugen
sich anschließend noch die Nacht mit Analysen um die Ohren, nachdem
die Auslosung für den nächsten Tag veröffentlicht worden
war. Würde dies Früchte tragen?
Tag 2, Freitag
All the other kids
Für Sebastian
ging es nun wieder gegen 1900. Diesmal nun doch ein Covid-Boy, 13 Jahre
alt und gleich mal mit einem Sieg gegen 2200 in das Turnier gestartet.
Normal. Völlig normal. Aber El Basto machte relativ kurzen Prozess
in der Morgenrunde:
Sebastian
- Braeutigam (1941) 1:0
Am Nachmittag wurde
es komplizierter für Sebastian: Schwarz gegen IM Tobias Jugelt. Aber
im frühen Mittelspiel hatte Sebastian eine vernünftige Stellung
erreicht mit Chancen auf mehr. Später gab es ein kompliziertes Endspiel,
doch werfen wir mal einen Blick auf die Frühphase der Partie:
Jugelt
(2396) - Sebastian ½
Die Partie ging noch
weiter: Beide Spieler mussten dem schwierigen Endspiel nach Damentausch
etwas Tribut zollen. Tobias hatte Gewinnmöglichkeiten, konnte diese
aber nicht nutzen. Das letztendliche Remis war wohl salomonisch angesichts
der guten Möglichkeiten am Anfang. Ein gutes Resultat für Sebastian.
Steffen konnte sein
starkes Niveau weiterhin halten gegen zwei starke junge Niedersachsen:
Gegen Torben Knüdel (2268) stand Steffen bis ins Endspiel vernünftig,
musste dann aber doch die Segel streichen. Besser lief es am Nachmittag:
Steffen
- Bargsten (2152) 1:0
Eine phantastische
erste Turnierhälfte also von Steffen. Maik hatte leider wie Bayern
München (hier allerdings nicht leider!) zunächst eine „Ergebniskrise“.
Was bedeutet das Wort? Wohl in etwa: Gut gespielt, aber nicht die gewünschten
Resultate erzielt. Das konnte man sagen. Die Gegner (neben dem GM u.a.
noch ein Covid-Boy) spielten auch sehr stark. Aber er sollte noch ein paar
Schlachten in der zweiten Hälfte zu schlagen haben.
Tag 3, Samstag
Gegen den Großmeister
Wochenende - Zeit,
selbst nach Bad Zwischenahn zu fahren! Der Sek(h)undant wollte auch mal
das Zwischenahner Meer erkunden. Na, ok - sehen wiri uns das Elend mal
aus der Nähe an! Auf Sebastian wartete mit Gerlef Meins der nächste
IM. Wie bei Tobias Jugelt zuvor war eher nicht zu erwarten, dass das Brett
in Flammen aufgehen würde. Sebastian stand mit Weiß gut, aber
es gab eine Schrecksekunde:
Sebastian
- Meins (2424) ½
Auch dieses Remis kann
man als korrekt bezeichnen. Das war schon richtig stark - zwei Remis gegen
so starke Gegner. Sebastian blieb auch pragmatisch und hielt sich z.B.
mit irgendwelchen h4-Ideen zurück. Sehr schön!
Während wir in
großer und angenehmer Runde beim Asiaten zusammensaßen und
aßen, musste Maik noch kämpfen. Wieder stand er mit dem Rücken
zur Wand, diesmal sogar nur gegen 1700. Die vierte Null drohte, doch er
kämpfte wie ein Löwe:
Abdo
(1702) - Maik (1966) ½
Kein Wunschergebnis,
aber die schwarze Serie war beendet. Am Nachmittag gab es dann schon den
ersten - und schnellen - Sieg für Maik, wieder gegen 1700. Nachdem
wir unsere Löwenportion aufhatten, gab es noch eine kurze Vorbeireitung.
Sebastian traf auf einen Großmeister, einen jungen Mann aus Indien.
Und diesmal setzte der Oldenburger das Brett in Flammen:
Sebastian
- Visakh (2544) 0:1
Finger letztlich verbrannt.
Recht schnell verloren mit Weiß, da fehlte etwas die Solidität
wie in den beiden Runden zuvor. Nichts drin war an diesem Tag für
Steffen, der zweimal gegen wiederum sehr starke Gegner die Segel streichen
musste. Der Schnitt war natürlich noch top. Am Sonntag waren unsere
Kämpfer allesamt also nochmal gefordert.
Tag 4, Sonntag
Unspektakuläres
Ende
Edelsekundant Bubba
wollte erneut an den Ort des Geschehens, und so konnte ich den Schlachten
auch diesmal wieder direkt beiwohnen. Wenn auch denen erst der Nachmittagsrunde.
So entging mir Basts schöner Sieg am Morgen. Mit Schwarz gegen knapp
2100 keine so dankbare Aufgabe. Aber er löste sie gut:
Piotrowski
(2090) - Sebastian 0:1
Maiks Vormittagsremis
war salomonisch. Er hatte gegen den Zwischenahner Julian Hans zunächst
einen Mehrbauern, den er aber zu schnell zurückgab. Auch sein Gegner
ließ später Materialgewinn aus, scheinbar mindestens eine Qualität.
Am Nachmittag gab es dann nochmal einen versöhnlichen Abschluß
für den Oldenburger: sein Gegner rochierte „hinein“, wie man so schön
sagt, und Maik war ganz in seinem Element:
Maik
- Vangsgaard (1891) 1:0
Steffen kam am letzten
Tag über zwei Remis gegen etwas schwächere Leute nicht hinaus,
aber am Ende für ihn eine starke Turnierleistung von 2060 und einen
IM-Skalp! Sebastian hatte auch noch eine Partie zu spielen, die er mit
Weiß gegen Christof Koellner (2063) natürlich unbedingt gewinnen
wollte. Sebastian stand sehr gut, bis er das Läuferpaar aufgab. Schließlich
gab es ein schwieriges Endspiel, wo Sebastian sich auch dank Zeitnot des
Gegners aus Problemen heraustrickste. Nach 40 Zügen stand ein ungleiches
Läuferendspiel auf dem Brett, was zu Recht Remis gegeben wurde.
Bad Zwischenfazitahn
Eigentlich schon das
Endfazit, aber dann klappt das Wortspiel nicht so gut! Im Grunde bin ich
froh, nicht mehr in Bad Z spielen zu müssen. Ich habe da glaube ich
nie Leistung gezeigt, bis auf ein oder zwei Turniere. Man hat da wirklich
einen schweren Stand im A-Open als einer der tiefer gesetzten Spieler.
Das Turnier war irgendwie nie meins. Ansonsten ist es natürlich nett,
dort einige alte Bekannte wiederzusehen. Und natürlich, die Partien
zu verfolgen.
Mein Verein, Union
Oldenburg, hatte auch viele neue junge Leute am Start. Lukas, Basti, Menko
und Yves, der fast das C-Open gewonnen hätte, bringen alle frischen
Wind hinein. Weiter so, Leute! Und für Sebastian war es die dritte
Turnierleistung im Bereich 2300 hintereinander. Droht da irgendann der
FM-Titel? Wir bleiben dran!
Hier noch wie immer
der Link zur offiziellen Seite: Link
frank modder, 01.02.2023
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