Der Gipfelsturm
Schachgipfel in Magdeburg
- wir waren dabei! Oder vielmehr: Sebastian. Beim jährlichen Höhepunkt
des deutschen Schachs versuchte er es einmal mehr beim Deutschen Pokal.
Nach wie vor ist Bast übrigens amtierender Landespokalsieger von Niedersachsen.
Letztmalig fand ein Landespokal nämlich 2020 statt. Auf Deutschland-Ebene
war bislang ein 3. Platz herausgesprungen, und zwar 2020. Im letzten Jahr
scheiterte Sebastian im Viertelfinale. Und diesmal?
Manager und Turnierhund
eingepackt ging es am Mittwoch in die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt
und dort ins Maritim-Hotel, wo auch gespielt wurde. Korrekte Bude, Zimmer
haben vernünftige Größe. Aber halt die typischen Hotel-Probleme,
so kennt die Dusche nur zwei Aggregatzustände (Eiswürfel oder
Kochwasser) und die Sicherung fliegt gerne mal raus, wenn man die Klimaanlage
einschaltet.
|
Maritimes Flair
in Magdeburg
|
Das Turnier war gut
besetzt: Ein Spieler mit ca. 2400, einer mit ca. 2300 und gut zehn Leute
mit 2100/2200. Stark, aber da muss Sebastian keine Angst haben, etwas Losglück
würde allerdings nicht schaden. Die 32 Teilnehmer spielten im K.O.-System.
Wer ausschied, spielte aber weiter nach Schweizer System-Modus. Insgesamt
also fünf Runden. Gespielt wurde „Fischer Es-geht-immer-noch-etwas
kürzer“ mit 40 Zügen in 90 Minuten + 15 Minuten + 30 Sekunden.
Bei einem Remis entschieden Blitzpartien über das Weiterkommen.
Erste Runde
Donnerstag um 10 Uhr
ging es los mit der ersten Partie. Kein einfaches Los: Weiß (immerhin)
gegen einen jungen Gegner (16/17) mit 2214 ELO, allerdings war seine DWZ
schlechter als die von Sebastian. DWZ ist da meist ausschlaggebender: Es
gibt bei der ELO eine höhere Fluktuation und es fließen dort
weniger Turniere ein (im Zweifelsfall). Die Partie war eine Einbahnstraße:
Nachdem im 13. Zug die Damen vom Brett verschwunden waren, hatte Schwarz
bereits eine positionell mehr als bedenkliche Stellung.
Das ist ein Maroczy-Aufbau.
Der Zug e5 hilft dabei Schwarz überhaupt nicht, der ja ganz gerne
einen Igel gegen die weiße Struktur aufstellt. Schwarz leistete sich
später noch einen weiteren positionellen Fehltritt:
Hier folgte 23.
… Sxe5 24. fxe5 mit einem Hammerzentrum für Weiß. Ok, die
Lage war kompliziert für Schwarz, aber er hätte c4 machen sollen,
dann muss Weiß noch etwas arbeiten. Aber letztlich sollte es ihm
auch dann gelingen, den Punkt zu kassieren. So gab es zumindest überhaupt
keine Probleme mehr. Einzug ins Achtelfinale!
Neben der Nr. 4 der
ELO-Liste (Sebastians Gegner) schieden in Runde eins auch die Nr. 3, 6,
7 und 8 aus. So hatte die Nr. 3, Theis Pahl aus Delmenhorst, Lospech -
er spielte mit Schwarz gegen die Nr. 1.
Achtelfinale
Das Achtelfinale fand
am Nachmittag um 16 Uhr statt. Folgende Paarungen waren ausgelost worden:
Malinowsky (1836) -
Kist (1697)
Chassard (2010) -
Pürckhauer (2158)
Woelk (2292) - Bosselmann
(2041)
Brunke (2022) - Heinrich
(2074)
Schroeder (2117) -
Ehmann (2391)
Görgens (2073)
- Sebastian (2161)
Wong (2155) - Nötzel
(2096)
Schellmann (1929)
- Uphoff (2173)
Spoiler vorweg: Alle
„Favoriten“ setzten sich durch, außer bei Wong - Nötzel, allerdings
hatte Schwarz hier auch schon mal eine ELO von fast 2270 gehabt. Sebastian
hatte gegen seinen Gegner bereits im letztjährigen Pokal gewonnen,
damals allerdings mit den weißen Steinen. Auch diese Partie sollte
eine ziemliche Einbahnstraße werden, schwierig, was man daraus zeigen
soll. Vielleicht diesen kleinen Ausschnitt:
Somit Einzug ins Viertelfinale!
Erfolgreicher erster Tag. Wir fanden zu fortgerückter Stunde abends
auch noch ein Lokal, wo es was zu Essen gab. Nicht selbstverständlich,
so drei Stunden vor Ladenschluß… Allerdings mussten wir bei unserer
Rückkehr feststellen, dass es noch keine Paarungen gab - war es also
Essig mit der Vorbereitung? Irgendwo im Hotel konnten wir noch einen Offiziellen
auftreiben und von seinem Feierabendbierchen befreien. Man hatte wohl vergessen,
die Ergebnisse etc. hochzuladen. Das wurde dann noch gemacht. Die Vorbereitungen
konnten beginnen!
Viertelfinale
Hier wieder zuerst
die Paarungen:
Heinrich (2074) - Malinowsky
(1836)
Uphoff (2173) - Woelk
(2292)
Ehmann (2391) - Pürckhauer
(2158)
Nötzel (2096)
- Sebastian (2161)
Kein einfaches Los:
Schwarz, und der etwas jüngere Gegner hatte - wie oben gesagt - selbst
einmal 2270 ELO (Sebastians Spitzenwert war 2289). Sebastian wurde in der
Eröffnung etwas auf dem falschen Fuß erwischt und stand zwischendurch
mal kurz verdächtig. Aber er tauschte die Damen zum richtigen Zeitpunkt
(wie auch in der Runde zuvor) und steuerte auf ein haltbares Endspiel zu.
Dies schauen wir uns mal an:
Nötzel
- Sebastian
Remis! Vernünftiges
Ergebnis. Nunmehr musste gestochen werden… Eine Nervenprobe! Zwei Blitzpartien
waren zunächst zu absolvieren, Zeitmodus 3+2. Sebastian ging in Führung
mit Schwarz und hatte dann auch mit Weiß eine Gewinnstellung. Im
Mittelspiel klar, im Endspiel immerhin noch technisch. Aber oh weh, er
achtete nicht auf seine Bedenkzeit und ließ das Blättchen fallen
(Uh - wie erklärt man den Jüngeren, was ein Blättchen ist?).
Ausgleich zum 1:1 jedenfalls.
Somit musste eine weitere
Partie folgen, in denen der Oldenburger Schwarz hatte und diesmal mit dem
Rücken zur Wand stand. Am Ende fand Weiß aber keinen Weg, und
man wiederholte die Züge zu einem Remis. Noch eine Partie also! Und
die gewann der Oldenburger dann verdient zum 2,5:1,5. Uff, erstmal den
Schweiß vom Rücken geflext. Halbfinale am Nachmittag!
Halbfinale
Am Nachmittag also
Halbfinale. Wer würde es werden? Im Lostopf tummelten sich noch die
beiden Topgesetzten Spieler sowie ein 1800er-Kind. Es wurde das 1800er-Kind
und sogar mit Weiß. Losglück für Sebastian? Insgesamt muss
man sagen, dass es sich am Ende relativiert hat im Turnier. Schauen wir
uns später nochmal an. Vermutlich war es hier das beste Los, aber
ein hochgezüchteter 11- bzw. 12-jähriger mit 1800 - was sagt
da die Zahl schon aus?
Aber Sebastian überspielte
seinen Gegner in eindeutiger Manier:
Egal. Na, das war wohl
ein Start-Ziel-Sieg! Und bereits der Dritte, nur im Viertelfinale lief
es anders. Nun also: Fi-na-le, oh-ho, es gibt nur ein‘ Rudi Völler…
Aber lassen wir den alten Schwalbenkönig. Wichtiger war die Auslosung
für das Endspiel gegen die Nr. 1 der Setzliste. Und die ergab leider
die schwarzen Steine. Am Abend veröffenlichte der DSB noch das folgende
kurze Interview mit den beiden Pokalfinalisten auf seinem Youtube-Kanal:
Sebastian machte hier
eine gute Figur. Doch wie würde es nächsten Tag laufen?
Finale
Es würde eine
komplizierte Aufgabe werden gegen den an 1 gesetzten Ehmann (2391). Ein
junger, aufstrebender Spieler (wenn man seine Wertungsentwicklung betrachtet).
Er bekam im Turnier auch starke Gegner zugelost, die er allesamt ohne Stechen
besiegte. Zweimal machten die Gegner es ihm allerdings auch leicht: Grober
Qualitätseinsteller im Viertelfinale nach 14 Zügen und sofort
widerlegtes Figurenopfer im Halbfinale nach 13 Zügen.
Aber der Mann war stark,
und das zeigte sich auch in der Partie. Immer war Weiß etwas mehr
am Drücker, Sebastian lag auch auf der Uhr immer etwas zurück.
Vielleicht hat Weiß hier und da etwas ausgelassen, aber letztlich
ein verdienter Punkt für Weiß. Hier die entscheidende Phase
dieser dramatischen Partie:
Ehmann
- Sebastian
Tja, „nur“ Platz 2
am Ende. The winner takes it all: Der Turniersieger darf nächstes
Jahr an der DEM teilnehmen und durfte bei der abendlichen Siegerehrungs-Gala
auf die Bühne. Letztes Mal wurden auch die Treppchenplatzierten aufgerufen,
darauf wurde heuer verzichtet. Dafür durfte aber sogar der 7. der
G-Gruppe der Amateurmeisterschaft hoch (kein Scherz!). Die Pokalmeisterschaft
wird leider etwas stiefmütterlich behandelt.
Fazit
Am Ende ist es natürlich
immer enttäuschend, wenn man in einem Finale steht, und es dann verliert.
Aber dennoch war das Turnier ein Erfolg mit einem Wertungszuwachs von etwa
20 Punkten. Drei Gegner wurden klar überspielt, zwei Partien waren
wilder, einmal mit gutem und einmal mit schlechtem Ende. Mit dem Losglück
ist es auch immer so eine Sache. Im Halbfinale kann man davon sprechen.
Aber es war sicher kein Glück, gleich zum Auftakt gegen 2200 zu spielen.
Und sicher auch kein Glück, mehrheitlich Schwarz gehabt zu haben.
Also normale Lose, kann man sagen .
Ein spannendes Pokalabenteuer
einmal mehr!
Hier noch wie immer
der Link zur offiziellen Seite: Link
frank modder, 24.08.2022
|
Immer alles harte
Arbeit!
|
|