- Mannschaftsmeisterschaften 2006/2007 -
 

Kspr. Emden - Turm Holthusen 5:3
- Die Sensation lag in der Luft -
 
Die Schlacht ist geschlagen! Das Meisterschaftsfinale in der Bezirksliga wurde am vorletzten Spieltag im direkten Duell zwischen Emden und Holthusen mit einem Sieg für die Emder Königsspringer entschieden. In einem spannenden Gefecht mit ersatzgeschwächter Mannschaft haben wir dem haushohen Favoriten das Leben heute sauer gemacht, und vielleicht war sogar das ein oder andere halbe Brettpünktchen mehr drin - oder wie Manfred Gosseling hinterher meinte: "Die Sensation lag in der Luft!". Dennoch gibt es keinen Grund, zu lamentieren. Wenn einer vor der Saison prophezeit hätte, Emden gegen Holthusen wird das meisterschaftsentscheidende Spiel, hätte man wohl nur milde gelächelt. Aber ich habe es ja damals schon gesagt: Paßt mir auf die Emder auf, die sind stark! :-)

Also, Scherz und Smilies beiseite. Für das zweitschlechteste DWZ-Team der Liga haben wir eine tolle Saison gespielt, Platz zwei ist noch möglich, und das bleibt auch vorhanden. Zum heutigen Spitzenspiel, das wir hätten gewinnen müssen (Emden hat bisher alle Spiele gewonnen, wir haben einen Punkt abgegeben), fuhren wir ersatzgeschwächt. Das wir nicht auf unsere Nr. 1, Martin Klinkenborg, würden zurückgreifen können, war schon seit Wochen klar, leider mußte kurzfristig auch Andreas Slopinski den Kampf absagen, und es schien schon auf nur sieben Spieler hinauszulaufen. Doch glücklicherweise fand sich mit Joest Wessels doch noch ein achter Mann, und wir traten zumindest vollzählig an. Wie klar Emden heute im Vorteil war, spiegelt alleine das DWZ-Bild wider: Emdens Brett 8 hatte eine bessere Zahl als unser Brett 1... Im Schnitt war Emden heute um fast 230 Punkte besser besetzt. Aber wir haben es ja schonmal erlebt: Nach dem Aufstieg 1999 hatte Bad Zwischenahn den gleichen Schnitt wie heute Emden, aber wir siegten 4,5;3,5...

Zum Kampf: Joest an Brett 8 hatte sich mit Schwarz ganz gut entwickelt. Sein Gegner spielte zwar scharf mit langer Rochade und frühem Bauernsturm am Königsflügel auf Joests Rochadestellung, aber immerhin konnte unser Mann die Damen tauschen und ein wenig die Schärfe herausnehmen. Der Emder hatte jedoch im Zentrum mehr Raum und gewann dort einen rückständigen Bauern. Danach war die Stellung immer schwerer zu verteidigen und kurz nach einem Qualitätsverlust mußte Joest die Partie aufgeben. 0:1. Trotzdem sehr positiv, daß Joest noch so kurzfristig ausgeholfen hat. Besten Dank an ihn von dieser Stelle.

Nun passierte lange Zeit nicht viel. Nach über drei Stunden war die Lage noch äußerst unklar. Wir gerieten dann aber weiter ins Hintertreffen an Brett 7. Manfred Lennartz hatte in einer über weite Strecken ausgeglichenen Partie einzig einen isolierten Damenbauern, von dem man ja nie weiß, ob er gut oder schlecht ist. Hier wurde er irgendwann doch zur Schwäche und die Bauernstruktur ermöglichte dem Emder nach hartem Gefecht und Belagerung doch den Durchbruch. 0:2. Es ging nun Knall auf Fall und es sollten bald bessere Meldungen kommen, doch zunächst mußten wir sogar das 0:3 hinnehmen: Ludger Hülsmann an Brett 5 konnte leider seinen typischen Angriff nicht durchziehen, ließ dann aber seinen König in der Mitte und versuchte mit einem Damentausch ein vorteilhaftes Endspiel zu erreichen. Auch die Türme wollte er noch tauschen, was ihm tatsächlich ein gutes Endspiel eingebracht hätte, aber sein Gegner installierte einen Turm auf der vorletzten Reihe, welcher entscheidenden Druck ausüben konnte. Ludger verlor Bauern und die Partie.

0:3 also! War das schon die Entscheidung? Nein, sie war es nicht. Den Anschlußtreffer gab es ausgerechnet an dem Brett, an dem man es wohl am wenigstens vermutet hätte: Brett 1! Nicht, daß wir über Edwin Lehmanns Spielstärke nicht im Bilde wären, aber sein Gegner hatte rund 300 Punkte mehr auf dem Konto und in dieser Saison bisher alles gewonnen. Auf Grund der Personalsituation hätte man auch überlegen können, einen Strohmann aufzubieten, aber wir wollten es unbedingt mit acht Leuten probieren und außerdem gibt man ja eine Weißpartie nicht so gerne weg. Edwin durfte sich also am stärksten Spieler der Liga versuchen. Zunächst stand Edwin etwas passiver, konnte sich dann allerdings befreien und bekam einen Bauern. Geopfert? Eingestellt? Nachdem er seine Entwicklung endgültig abgeschlossen hatte, stand Edwin jedenfalls mit dem Mehrbauern einfach gut. Einen zweiten, diesmal geopferten Bauern nahm er nicht, um kein Gegenspiel zuzulassen. Seine schöne Stellung brachte Edwin dann tatsächlich nach Hause, in dem er den Bauern bis zum Schluß transportierte. 1:3. Eine tolle Leistung!

Nun ging es an Brett 3 in die entscheidende Phase. Hier war ich etwas schlecht aus der Eröffnung gekommen und konnte irgendwie lange Zeit meinen Damenläufer nicht ins Spiel bringen. Als es mir dann endlich gelang, mußte ich einen Bauern auf dem Damenflügel geben, außerdem bekam ich noch einen Doppelbauern auf dem anderen Flügel. Wir waren in einem reinen Schwerfigurenendspiel, in dem mein Gegner nun allerdings in starke Zeitnot kam. Ich versuchte, so taktisch wie möglich zu spielen, hatte aber selber nicht mehr viel Zeit. Plötzlich haute er ein Remisangebot heraus. In der Stellung hatte er beide Türme auf meiner zweiten Reihe und zusammen mit seiner Dame drohte er mit fürchterlichen Mattbildern. Ich kann zwar selber einen Gegenangriff versuchen, aber es war schwer zu berechnen mit 3½ zu 1½ Minuten Restzeit für sieben Züge. Bei korrektem Spiel behält er in einem reinen Damenendspiel einen Mehrbauern. Ich nahm also Remis an. Vielleicht hätte man auf Gedeih und Verderb weiterspielen müssen, aber es wäre eine Entscheidung alles oder nichts gewesen, und wir hatten noch Eisen im Feuer. 1,5:3,5. Diese Partie war fast zeitgleich mit den beiden vorherigen beendet.

Nun hätten wir zwar theoretisch alle drei verbleibenden Bretter gewinnen müssen, was aber nach dem Stand der Dinge zu dem Zeitpunkt nicht unmöglich schien. Frank Hildebrecht und Manfred Gosseling hatten an den Brettern 2 und 4 jeweils ein einfaches Turmendspiel mit einem Mehrbauern und Heiko Lewin hatte ebenfalls eine gute Stellung mit einer allerdings komplizierten Materialverteilung. Bereits vorher hatten Frank und Manfred Remisangebote abgelehnt. Eine Überraschung schien also noch im Bereich des Möglichen, und es baute sich nochmal wieder Spannung auf.

Die Entscheidung fiel um 15:10 Uhr, wie wir minutiös feststellten: An Brett 6 hatte Heiko eine Dame gegen Turm, Läufer und drei Bauern, zwei davon waren verbundene Freibauern. Die Stellung war vermutlich hier schon schlechter für Heiko, der aber zuvor ganz passabel gestanden hat, nachdem er einmal mehr die Zeitkontrolle gerade so geschafft hatte - diesmal wirklich in allerletzter Sekunde. Nun stand er etwas passiver, seine Dame konnte auch wenig Drohungen gegen den feindlichen König schaffen. Hier konnte der Emder dann eine tödliche Springergabel ansetzen, die entscheidendes Material gewann. 1,5:4,5.

Nun ging auch Frank an Brett 2 in ein Remis. Frank hatte mit Schwarz die Partie immer unter Kontrolle. Im Zentrum hatte er zwar einen rückständigen Bauern, aber dieses wurde durch sein Spiel am Damenflügel überkompensiert. Er gewann den a-Bauern und ging in ein Turmendspiel. Sein Gegner verteidigte aber gut und schaffte sich auch einen aktiven Turm. Frank hätte es sicher noch spielen können, aber sein Gegner hatte wohl Remischancen und außerdem war der Kampf ja gelaufen. 2:5.

Sehr schön agierte am heutigen Tag aber Manfred an Brett 4. Manfred entwickelte zwar seine Figuren recht spät, aber er hatte die bessere Bauernstruktur und der Aufbau hatte eine gewisse Dynamik. Nach einem taktischen Intermezzo gewann Manfred einen Bauern und kam in ein einfaches Turmendspiel mit f-, g- und h-Bauer gegen g- und h-Bauer. Remisverdächtig, aber sein Turm schnitt den gegnerischen König von diesem Flügel ab. Dennoch schien Remis möglich und als der König nachher doch noch hinkam, auch wahrscheinlich, doch die Verteidigung erwies sich als nicht genau genug und Manfred holte durch geschicktes Manövrieren den ganzen Punkt nach Holthusen. 3:5! Und damit immerhin ein 3:1-Punktestand an den ersten vier Brettern.

Ich denke, dieses Endergebnis, und die kämpferische Art und Weise, mit der wir uns hier präsentiert haben, sind aller Ehren wert. Damit brauchen wir uns gewiß nicht zu verstecken! Wir haben gegen einen starken Gegner ehrenvoll verloren und gratulieren an dieser Stelle den Emdern recht herzlich zum Titel und wünschen viel Glück in der Verbandsliga im nächsten Jahr!

Und wir selber? Naja, der Titel war ohnehin nie realistisch. Hätten wir Emden gleich zu Saisonbeginn bekommen, wäre es wohl kein so spannender Saisonverlauf geworden. Vielleicht wäre in Bestbesetzung und mit etwas mehr Glück heute sogar was dringewesen, aber in einigen anderen Kämpfen hatten wir dieses Jahr allerdings auch das Glück auf unserer Seite und können uns nicht beschweren. Außerdem sind wir in der Bezirksliga von der Spielstärke her gut aufgehoben.

Also auch Anlauf Nr. 3 auf die Verbandsliga ist nach 2002 und 2003 am Ende wieder steckengeblieben, aber anders als damals sind wir diesmal an einer besseren Mannschaft gescheitert. Und wie sagt man doch immer: Die Verbandsliga ist ohnehin zu stark, da muß man weite Fahrten auf sich nehmen und holt sich am Ende doch nur mehrere Klatschen ab. Das ist sicher richtig, ich denke, fünf, sechs Kämpfe wird man dort klar verlieren, höchstens in zwei oder drei Runden kann man punkten. Diese Chancen müßte man dann schon konsequent nutzen, um dort die Klasse zu erhalten. Alles nicht sehr prickelnd. Aber es mal zu schaffen, wäre auch nicht schlecht. Ich vergleiche den Aufstieg in die Verbandsliga immer mit Amundsens Eroberung des Südpols: Ein unwirtliches, unfreundliches Gelände, man kann dort nicht bleiben. Aber hinkommen ist das Ziel!

Das Saisonfinale findet in zwei Wochen daheim gegen die Schachfreunde aus Quakenbrück statt, wo wir versuchen wollen, den zweiten Tabellenplatz zu halten.

- Bericht mit Bildern auf der Emder Homepage -

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