Die Schlacht ist geschlagen!
Das Meisterschaftsfinale in der Bezirksliga wurde am vorletzten Spieltag
im direkten Duell zwischen Emden und Holthusen mit einem Sieg für
die Emder Königsspringer entschieden. In einem spannenden Gefecht
mit ersatzgeschwächter Mannschaft haben wir dem haushohen Favoriten
das Leben heute sauer gemacht, und vielleicht war sogar das ein oder andere
halbe Brettpünktchen mehr drin - oder wie Manfred Gosseling hinterher
meinte: "Die Sensation lag in der Luft!". Dennoch gibt es keinen Grund,
zu lamentieren. Wenn einer vor der Saison prophezeit hätte, Emden
gegen Holthusen wird das meisterschaftsentscheidende Spiel, hätte
man wohl nur milde gelächelt. Aber ich habe es ja damals schon gesagt:
Paßt mir auf die Emder auf, die sind stark! :-)
Also, Scherz und Smilies
beiseite. Für das zweitschlechteste DWZ-Team der Liga haben wir eine
tolle Saison gespielt, Platz zwei ist noch möglich, und das bleibt
auch vorhanden. Zum heutigen Spitzenspiel, das wir hätten gewinnen
müssen (Emden hat bisher alle Spiele gewonnen, wir haben einen Punkt
abgegeben), fuhren wir ersatzgeschwächt. Das wir nicht auf unsere
Nr. 1, Martin Klinkenborg, würden zurückgreifen können,
war schon seit Wochen klar, leider mußte kurzfristig auch Andreas
Slopinski den Kampf absagen, und es schien schon auf nur sieben Spieler
hinauszulaufen. Doch glücklicherweise fand sich mit Joest Wessels
doch noch ein achter Mann, und wir traten zumindest vollzählig an.
Wie klar Emden heute im Vorteil war, spiegelt alleine das DWZ-Bild wider:
Emdens Brett 8 hatte eine bessere Zahl als unser Brett 1... Im Schnitt
war Emden heute um fast 230 Punkte besser besetzt. Aber wir haben es ja
schonmal erlebt: Nach dem Aufstieg 1999 hatte Bad Zwischenahn den gleichen
Schnitt wie heute Emden, aber wir siegten 4,5;3,5...
Zum Kampf: Joest an
Brett 8 hatte sich mit Schwarz ganz gut entwickelt. Sein Gegner spielte
zwar scharf mit langer Rochade und frühem Bauernsturm am Königsflügel
auf Joests Rochadestellung, aber immerhin konnte unser Mann die Damen tauschen
und ein wenig die Schärfe herausnehmen. Der Emder hatte jedoch im
Zentrum mehr Raum und gewann dort einen rückständigen Bauern.
Danach war die Stellung immer schwerer zu verteidigen und kurz nach einem
Qualitätsverlust mußte Joest die Partie aufgeben. 0:1.
Trotzdem sehr positiv, daß Joest noch so kurzfristig ausgeholfen
hat. Besten Dank an ihn von dieser Stelle.
Nun passierte lange
Zeit nicht viel. Nach über drei Stunden war die Lage noch äußerst
unklar. Wir gerieten dann aber weiter ins Hintertreffen an Brett 7. Manfred
Lennartz hatte in einer über weite Strecken ausgeglichenen Partie
einzig einen isolierten Damenbauern, von dem man ja nie weiß, ob
er gut oder schlecht ist. Hier wurde er irgendwann doch zur Schwäche
und die Bauernstruktur ermöglichte dem Emder nach hartem Gefecht und
Belagerung doch den Durchbruch. 0:2. Es ging nun Knall auf Fall
und es sollten bald bessere Meldungen kommen, doch zunächst mußten
wir sogar das
0:3 hinnehmen: Ludger Hülsmann an Brett 5 konnte
leider seinen typischen Angriff nicht durchziehen, ließ dann aber
seinen König in der Mitte und versuchte mit einem Damentausch ein
vorteilhaftes Endspiel zu erreichen. Auch die Türme wollte er noch
tauschen, was ihm tatsächlich ein gutes Endspiel eingebracht hätte,
aber sein Gegner installierte einen Turm auf der vorletzten Reihe, welcher
entscheidenden Druck ausüben konnte. Ludger verlor Bauern und die
Partie.
0:3 also! War das schon
die Entscheidung? Nein, sie war es nicht. Den Anschlußtreffer gab
es ausgerechnet an dem Brett, an dem man es wohl am wenigstens vermutet
hätte: Brett 1! Nicht, daß wir über Edwin Lehmanns Spielstärke
nicht im Bilde wären, aber sein Gegner hatte rund 300 Punkte mehr
auf dem Konto und in dieser Saison bisher alles gewonnen. Auf Grund der
Personalsituation hätte man auch überlegen können, einen
Strohmann aufzubieten, aber wir wollten es unbedingt mit acht Leuten probieren
und außerdem gibt man ja eine Weißpartie nicht so gerne weg.
Edwin durfte sich also am stärksten Spieler der Liga versuchen. Zunächst
stand Edwin etwas passiver, konnte sich dann allerdings befreien und bekam
einen Bauern. Geopfert? Eingestellt? Nachdem er seine Entwicklung endgültig
abgeschlossen hatte, stand Edwin jedenfalls mit dem Mehrbauern einfach
gut. Einen zweiten, diesmal geopferten Bauern nahm er nicht, um kein Gegenspiel
zuzulassen. Seine schöne Stellung brachte Edwin dann tatsächlich
nach Hause, in dem er den Bauern bis zum Schluß transportierte. 1:3.
Eine tolle Leistung!
Nun ging es an Brett
3 in die entscheidende Phase. Hier war ich etwas schlecht aus der Eröffnung
gekommen und konnte irgendwie lange Zeit meinen Damenläufer nicht
ins Spiel bringen. Als es mir dann endlich gelang, mußte ich einen
Bauern auf dem Damenflügel geben, außerdem bekam ich noch einen
Doppelbauern auf dem anderen Flügel. Wir waren in einem reinen Schwerfigurenendspiel,
in dem mein Gegner nun allerdings in starke Zeitnot kam. Ich versuchte,
so taktisch wie möglich zu spielen, hatte aber selber nicht mehr viel
Zeit. Plötzlich haute er ein Remisangebot heraus. In der Stellung
hatte er beide Türme auf meiner zweiten Reihe und zusammen mit seiner
Dame drohte er mit fürchterlichen Mattbildern. Ich kann zwar selber
einen Gegenangriff versuchen, aber es war schwer zu berechnen mit 3½
zu 1½ Minuten Restzeit für sieben Züge. Bei korrektem
Spiel behält er in einem reinen Damenendspiel einen Mehrbauern. Ich
nahm also Remis an. Vielleicht hätte man auf Gedeih und Verderb weiterspielen
müssen, aber es wäre eine Entscheidung alles oder nichts gewesen,
und wir hatten noch Eisen im Feuer. 1,5:3,5. Diese Partie war fast
zeitgleich mit den beiden vorherigen beendet.
Nun hätten wir
zwar theoretisch alle drei verbleibenden Bretter gewinnen müssen,
was aber nach dem Stand der Dinge zu dem Zeitpunkt nicht unmöglich
schien. Frank Hildebrecht und Manfred Gosseling hatten an den Brettern
2 und 4 jeweils ein einfaches Turmendspiel mit einem Mehrbauern und Heiko
Lewin hatte ebenfalls eine gute Stellung mit einer allerdings komplizierten
Materialverteilung. Bereits vorher hatten Frank und Manfred Remisangebote
abgelehnt. Eine Überraschung schien also noch im Bereich des Möglichen,
und es baute sich nochmal wieder Spannung auf.
Die Entscheidung fiel
um 15:10 Uhr, wie wir minutiös feststellten: An Brett 6 hatte Heiko
eine Dame gegen Turm, Läufer und drei Bauern, zwei davon waren verbundene
Freibauern. Die Stellung war vermutlich hier schon schlechter für
Heiko, der aber zuvor ganz passabel gestanden hat, nachdem er einmal mehr
die Zeitkontrolle gerade so geschafft hatte - diesmal wirklich in allerletzter
Sekunde. Nun stand er etwas passiver, seine Dame konnte auch wenig Drohungen
gegen den feindlichen König schaffen. Hier konnte der Emder dann eine
tödliche Springergabel ansetzen, die entscheidendes Material gewann.
1,5:4,5.
Nun ging auch Frank
an Brett 2 in ein Remis. Frank hatte mit Schwarz die Partie immer unter
Kontrolle. Im Zentrum hatte er zwar einen rückständigen Bauern,
aber dieses wurde durch sein Spiel am Damenflügel überkompensiert.
Er gewann den a-Bauern und ging in ein Turmendspiel. Sein Gegner verteidigte
aber gut und schaffte sich auch einen aktiven Turm. Frank hätte es
sicher noch spielen können, aber sein Gegner hatte wohl Remischancen
und außerdem war der Kampf ja gelaufen. 2:5.
Sehr schön agierte
am heutigen Tag aber Manfred an Brett 4. Manfred entwickelte zwar seine
Figuren recht spät, aber er hatte die bessere Bauernstruktur und der
Aufbau hatte eine gewisse Dynamik. Nach einem taktischen Intermezzo gewann
Manfred einen Bauern und kam in ein einfaches Turmendspiel mit f-, g- und
h-Bauer gegen g- und h-Bauer. Remisverdächtig, aber sein Turm schnitt
den gegnerischen König von diesem Flügel ab. Dennoch schien Remis
möglich und als der König nachher doch noch hinkam, auch wahrscheinlich,
doch die Verteidigung erwies sich als nicht genau genug und Manfred holte
durch geschicktes Manövrieren den ganzen Punkt nach Holthusen. 3:5!
Und damit immerhin ein 3:1-Punktestand an den ersten vier Brettern.
Ich denke, dieses Endergebnis,
und die kämpferische Art und Weise, mit der wir uns hier präsentiert
haben, sind aller Ehren wert. Damit brauchen wir uns gewiß nicht
zu verstecken! Wir haben gegen einen starken Gegner ehrenvoll verloren
und gratulieren an dieser Stelle den Emdern recht herzlich zum Titel und
wünschen viel Glück in der Verbandsliga im nächsten Jahr!
Und wir selber? Naja,
der Titel war ohnehin nie realistisch. Hätten wir Emden gleich zu
Saisonbeginn bekommen, wäre es wohl kein so spannender Saisonverlauf
geworden. Vielleicht wäre in Bestbesetzung und mit etwas mehr Glück
heute sogar was dringewesen, aber in einigen anderen Kämpfen hatten
wir dieses Jahr allerdings auch das Glück auf unserer Seite und können
uns nicht beschweren. Außerdem sind wir in der Bezirksliga von der
Spielstärke her gut aufgehoben.
Also auch Anlauf Nr.
3 auf die Verbandsliga ist nach 2002 und 2003 am Ende wieder steckengeblieben,
aber anders als damals sind wir diesmal an einer besseren Mannschaft gescheitert.
Und wie sagt man doch immer: Die Verbandsliga ist ohnehin zu stark, da
muß man weite Fahrten auf sich nehmen und holt sich am Ende doch
nur mehrere Klatschen ab. Das ist sicher richtig, ich denke, fünf,
sechs Kämpfe wird man dort klar verlieren, höchstens in zwei
oder drei Runden kann man punkten. Diese Chancen müßte man dann
schon konsequent nutzen, um dort die Klasse zu erhalten. Alles nicht sehr
prickelnd. Aber es mal zu schaffen, wäre auch nicht schlecht. Ich
vergleiche den Aufstieg in die Verbandsliga immer mit Amundsens Eroberung
des Südpols: Ein unwirtliches, unfreundliches Gelände, man kann
dort nicht bleiben. Aber hinkommen ist das Ziel!
Das Saisonfinale findet
in zwei Wochen daheim gegen die Schachfreunde aus Quakenbrück statt,
wo wir versuchen wollen, den zweiten Tabellenplatz zu halten.
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Bericht mit Bildern auf der Emder Homepage -
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Matchstatistik -
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