- Niedersächsische Landesmeisterschaften, Verden, 2014 -
01.01. - 05.01.

 
Sebastian Müer mit 4. Platz im Meisterturnier
Turnier der Überraschungen / Live-Bretter in Verden
 
Jahresauftakt in Verden

Auf geht’s in das neue Turnierjahr 2014! Bei den schon fast traditionell in Verden stattfindenden Niedersächsischen Landeseinzelmeisterschaften waren in diesem Jahr 214 Teilnehmer in drei Turnieren am Start. Der neue Titelträger wurde dabei im Meisterturnier ermittelt, hierfür musste man sich qualifizieren. Sebastian gelang dies durch seine Placierung im Vorjahr. Mit 17 Mitstreitern ging es hier in ein siebenrundiges Turnier.

Der Rest startete in zwei offenen Turnieren, wobei für das A-Turnier wie zuletzt eine Ratingzahl von 1600 notwendig war. Hier startete ich, mit dabei u.a. auch Ex-Turmspieler Keno Lübsen. Unsere Zielsetzungen waren unterschiedlich: Sebastian liebäugelte nach 3. und 4. Plätzen in der Vergangenheit vielleicht ein wenig mit dem Titel, bei mir ging es darum, solide zu spielen und nach Möglichkeit etwas DWZ-Plus zu machen. Keno wiederum wollte nach einer Turnierpause erstmal wieder Praxis sammeln. Eigentlich war er auf Grund seines letztjährigen Abschneidens im A-Turnier für das Meisterturnier qualifiziert, aber da er im Bremer und nicht im Niedersächsischen Landesverband aktiv ist, durfte er dort nicht starten.

Das Turnier begann diesmal sehr früh - am 01.01. Allerdings lediglich mit der Landesmeisterschaft im Schnellschach. Hier spielten Keno und ich mit, aber landeten nur unter ferner liefen. Somit lag die Konzentration ganz auf der eigentlichen Meisterschaft. Dort gab es noch eine interessante Neuerung, nämlich den Einsatz von Live-Brettern. Die Bretter 1-4 des Meisterturniers sowie jeweils die beiden Top-Bretter des A- und B-Opens wurden live im Internet übertragen.
 

Die Objekte der Begierde
Sebastian auf dem Siegerpodest,
zusammen mit Kai Renner (5.)

Viele Bilder gibt es nicht aus Verden, aber per Klick kann wie gehabt vergrößert werden. Die Bilder wurden diesmal von Sebastian aufgenommen (bis auf Nr. 2) - auch als Fotograf kann er Leistung zeigen. 

Akzeptabler Turnierstart - Runden 1-3

Sebastians Start in das Turnier war „normal“. Gegen 1941 DWZ kam er zum Auftakt zu einem Schwarzsieg. Der Gegner knüppelte ziemlich drauf und opferte eine Figur, aber die Rechnung ging irgendwann nicht mehr auf. Es folgte dann bereits der Topgesetzte IM Plischki. Sebastian opferte hier selber einen Bauern, um mit drei Figuren anzugreifen. Anscheinend war dieser Königsangriff aber nicht berechtigt und wurde zurückgeschlagen, diese Partie ging dann auch verloren. Der dritte Gegner, 1943, klammerte mit Weiß und es sah teilweise so aus, als käme Sebastian über Remis nicht hinaus. Im Endspiel aber gewann er dann einen Bauern und die gegnerische Stellung brach zusammen. 2,0/3 für Sebastian. Nicht optimal, aber auch nicht so schlecht, und zu diesem Zeitpunkt schien noch alles möglich zu sein, IM Plischki sollte auch im weiteren Verlauf des Turniers insgesamt drei Punkte abgeben.

Bei mir gab es in den ersten drei Runden 2,5 Punkte gegen jugendliche 1700er- Gegner. In den beiden Gewinnpartien hatte ich jeweils Schwarz und die Gegner spielten für sie verdächtige Nebenvarianten. Mir gelang es, die weissen Aufbauten zu widerlegen, teils aber auch mit weiterer Mithilfe der Gegner. Das Weißremis (gegen die spätere Landesmeisterin der Damen) ging völlig in Ordnung, hier konnte keine Seite etwas nachweisen. 2,5/3 waren ok. Hier eine Stellung aus der Auftaktrunde:
 

Imelmann (1785) - Modder (1907)
Schwarz am Zug

Frage: Kann Schwarz hier auf a4 einen Bauern gewinnen? Sehr knifflig. Ich spielte 13. ... Lc3: 14. Tc3: Da4: und nahm den Bauern mit. Weiss hätte auf jedenfall mit dem Bauern auf c3 schlagen sollen, so war die Stellung ganz ok für Schwarz. Zweischneidig war 14. bc: Da4: 15. Da4: Sa4: 16. g4. Jetzt ist es unklar, ob nach z.B. ... f6 17. gf: fe: 18. Le6: ef:  Schwarz noch Vorteil hat. Immerhin habe ich dann noch einen Mehrbauern und einen Freibauern auf der a-Linie.

Die bittere Turniermitte - Runde 4

Die vierte Runde wurde dann für uns beide zu einem Knackpunkt bzw. Rückschlag. Um es gleich vorweg zu sagen: Der Rest war dann wieder ok. Aber hier gab es negative Nachrichten. Sebastian spielte gegen 2098, einen Gegner, den er 2012 bereits in Hamburg besiegte. Auch hier erhielt er eine Quasi-Gewinnstellung, nachdem er eine Qualität verbuchen konnte. Der Damentausch war dann allerdings nicht das Beste und es gab technische Schwierigkeiten. Und plötzlich wurde der Gegner immer aktiver. Nach einem verfehlten Bauernvorstoß am Damenflügel ging die Stellung in die Verlustzone und konnte nicht mehr gehalten werden. Danach war es natürlich Essig mit der Hoffnung auf höhere Weihen, selbst das Treppchen war in weite Ferne gerückt.
 

Keno back in Action
Frank still in Action

Mich verschlug es parallel an eines der beiden Live-Bretter. Weiß gegen 2057 ließ eigentlich auch Hoffnung auf was Zählbares. Viel konnte ich jedoch nicht herausholen und stand vielleicht auch leicht unter Druck. Aber zum Endspiel hin sah es nach Remis aus. Irgendwann stand ich sogar wieder besser und hätte sogar einen Bauern gewinnen können. Die Lage blieb aber auch nach dieser vertanen Chance ausgeglichen. Ungewöhnlich war jedoch, dass mein Gegner am Brett, in meiner Zeitnot, Dehn- und Sprint(!)übungen sowie Hampelmänner machte. Und man glaubt immer, man hat schon alles erlebt. Den Bauerneinsteller, den ich mir dann im 39. Zug leistete, muss ich aber auf meine Kappe nehmen. Nachdem ich es nach der Zeitkontrolle verworfen hatte, das DGT-Brett dazu zu benutzen, dem Gegner eine zu verplätten (die Dinger sind halt teuer!), kämpfte ich nochmal in dem Endspiel, aber es reichte nicht mehr.

Nach solidem Auftakt also Rückschlag für Sebastian und mich in der Turniermitte. Die zweite Hälfte sollte aber wie angedeutet wieder positiver sein.

Versöhnliches Turnierende - Runden 5-7

Sebastian meinte wohl, es wäre noch Silvester, denn er zündete zunächst ein taktisches Feuerwerk gegen 2045. Diesem Punkt folgte eine Weißpartie gegen FM Laubsch. Sebastian erreichte hier eine sehr gute Stellung, man kann sogar darüber streiten, ob es nicht schon an der ein oder anderen Stelle gewonnen war. Beide Spieler hatten irgendwann Zeitnot, hier wickelte Sebastian in ein Endspiel mit einem Mehrbauern ab, was angesichts der letzten verbliebenen Figuren, nämlich der ungleichen Läufer, aber nicht zu gewinnen war.

Gefühlt ein verlorener halber Punkt. Zum Abschluß versüßte sich Sebastian das Turnier aber noch mit einem Schwarzsieg gegen 2208. Hier spielte er erneut offen und taktisch. Er gewann einen Bauern und stieß ihn weit vor. Noch im Mittelspiel kam es zur entscheidenden Umwandlung. 4,5/7. 10 Punkte DWZ-Zuwachs bzw. 9 ELO für ihn und Platz 4 wie im Vorjahr waren das Endresultat. Hier ein Ausschnitt aus seiner letzten Partie:
 

Baisakow (2206) - Müer (2210)
Schwarz am Zug

Das Diagramm zeigt die Stellung nach dem 16. Zug von Weiß. Sebastian steht hier klar besser. Frage: Kann Schwarz hier auf b2 einen Bauern gewinnen? Wer sich nicht selbst Gedanken machen will, kann die Lösung am Ende nachschauen.

Ich traf zunächst auf zwei ältere Teilnehmer aus dem 1700er Bereich. Diese spielten früher aber auch schon 1800/1900, also war Vorsicht geboten. Beide Partien endeten Remis. Mit Schwarz konnte ich nichts herausholen, mit Weiß hatte ich irgendwann eine gute Stellung, fand aber die richtige taktische Vorgehensweise nicht. Die Schlußrunde bescherte mir mit 1574 einen unangenehmen, sehr jungen Gegner, der mir auch das Leben schwer machte. Er überzog aber seinen Angriff ein wenig und mir gelang ein Konter. In dem Endspiel hatte ich dann nicht nur zwei Mehrbauern sondern auch starken Angriff. Es wurde ein voller Punkt. 4,5/7 auch bei mir. DWZ allerdings genau bestätigt, zumindest bei der ELO gab es aber noch ein Plus von fünf Punkten zu vermelden.

Sonstiges / Fazit:

Keno verlor nach 4,0/7 doch einige DWZ-Punkte. Aber er verlor immerhin keine Partie und demonstrierte mit sechs Remis aus sieben Runden die gute alte Holthuser Schule! Wobei „6 aus 7“ sonst eigentlich mir vorbehalten war… Zu erwähnen wäre noch der neue Landesmeister: Mit dem 16jährigen Simon Tennert sitzt wahrscheinlich der bislang jüngste Spieler auf dem Meisterthron. Hier zum Nachspielen sein Glanzsieg aus der 5. Runde gegen IM Plischki:

Tennert - Plischki 1-0, 5. Runde LEM Niedersachsen

Sebastian konnte mit dem 4. Platz noch ganz gut leben, aber es schien mehr möglich, man denke an die ausgelassenen Weißchancen in den Runden 4 und 6. Aber wir sahen einen aktiven, aggressiven Sebastian, der scharf spielte und sich viele taktische Gefechte lieferte. Eine sehr ambitionierte Spielweise. Ich selber letztlich wollte zumindest mal ein Turnier ohne taktische Einsteller durchspielen. Das gelang, bis auf den Bauerneinstampfer in Runde 4.

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Hier noch der Link zum Turnier:

Ergebnisse beim NSV

- frank modder, 12.01.2014
 

Der neue Landesmeister Simon Tennert

Lösung Baisakow- Müer
Frage: Kann Schwarz einen Bauern auf b2 gewinnen? Antwort: Ja, aber... Die Idee ist 16. ... Lb2: 17: Lb2: Db6+ nebst Db2: Weiß kann aber einen Zwischenzug spielen: 17. Sh6+. Es folgt ... Kg7 18. Lb2:+ und Schwarz kann nicht auf h6 nehmen wg. Dh4#. Doch auch Schwarz kann noch kontern: 18. ... f6 und jetzt gewinnt er die Figur zurück: Auf h6 hängt der Springer und es droht weiterhin Db6+ mit Doppelangriff. Dennoch aber sollte Schwarz so nicht spielen. Weiß gibt mit 19. De3 den Springer und hat dann zwar zwei Bauern weniger, doch dank der besseren Entwicklung und des starken Läuferpaars steht Weiß hier deutlich besser. Entsprechend verzichtete Sebastian auch auf das Nehmen auf b2.