- Holthusen beim Nord-West-Cup, 08.02.-11.02.2007 -
Kritische Namen beim großen Uhrenklau in Bad Zwischenahn
 

Beim 9. Nord-West Cup 2007, ausgetragen im Alten Kurhaus in Bad Zwischenahn, war am Sonntag vor der Vormittagsrunde am Aushang im Foyer neben den Paarungs- und Ergebnislisten folgender Text zu lesen:
 
Beim Schachturnier in Bad Zwischenahn
spielte einst ein Veteran
gegen einen jungen Hahn.
Nach 2 1/2 Stunden die Blase drückt,
so ist ein Spieler dann auch entrückt.
Der andere macht seinen Zug geschwind
und schaut auch, wo die Toiletten sind.

Bald kommen die Spieler zum Brett zurück -
und siehe da - da fehlt ein Stück.
Sie schauen verdutzt wohl in die Runden
jedoch die Uhr, sie blieb verschwunden.
Der Schiri hat sie bald entdeckt -
sie war beim Blitzen um die Eck!

Im Café wurde fleißig geblitzt,
zuvor hatte man die Uhr stiebitzt
aus dem Turniersaal, wo sie frei,
weil weit und breit kein Mensch dabei.

Tja, wer ist denn da am Werk gewesen? Zwischen den Runden wollten am Vortag die beiden Norder Sebastian Müer und Heiko Weerda sowie ich ein wenig blitzen, um uns die Zeit zu vertreiben. "Dann will ich mal von nebenan eine Uhr holen", so Sebastian. Dort wurde zwar noch gespielt, aber viele waren auch bereits mit ihrer Partie fertig, genug Uhren also zu unserer Verfügung. Gesagt, getan. Wir hatten gerade die besorgte Uhr gestellt und ein paar Züge gespielt, als der Hauptschiedsrichter zu uns ins Café kam. "Habt ihr von drüben eine Uhr geholt?" Ja sicher, hatten wir. "Aber die Partie lief noch..." Hmmm... Hat Sebastian wohl irgendwie eine falsche Uhr erwischt! Oder wie mein Gegner aus der dritten Runde später meinte: "Irgendwie schlecht, wenn man seine Uhr drücken will, und ins Leere greift..." Naja, da die Gegner sich einig waren, ungefähr gleich viel Zeit verbraten zu haben, konnte die Uhr "rekonstruiert" werden - das Turnier war gerettet! :-) Eine der vielen lustigen Begebenheiten beim jetzt zu Ende gegangenen Nord-West Cup in Bad Zwischenahn.

Holthusen nahm wieder mit Martin Klinkenborg, Edwin Lehmann und mir teil, es fehlte diesmal leider Andreas Slopinski, der in den beiden letzten Jahren mit am Start war. Viele weitere Spieler aus dem Bezirk waren ebenfalls unter den Teilnehmern wiederzufinden, unter anderem wie gesagt Sebastian Müer. Das Abschneiden war diesmal in etwa im Rahmen dessen, was wir in den letzten Jahren auch abgeliefert hatten, zumindest nach Punkten. Sebastian und Edwin holten 3,5 Punkte aus den 7 Runden, Martin gelangen 3, mir selber nur 2,5.

Den stärksten Eindruck hat Martin hinterlassen, der durchweg interessante taktische Stellungen auf dem Brett hatte, ideenreich spielte und gegen starke Gegnerschaft auch die Punkte machte. Selbst einen FM hatte er am Rande einer Niederlage. Dieser war im Jahre 2000 sogar Amateurweltmeister der FIDE gewesen. Martins 3 Punkte setzen sich aus 2 Remis und 2 Siegen zusammen, unter anderem in der Auftaktrunde gegen einen "2100er":
 

Martin Klinkenborg schien den Erfolg herbeibeten zu wollen. Es half: Rechts ist das Diagramm vom obigen Bild zu sehen. Martin hatte alles auf den K-Flügel von Weiß ausgerichtet und "richtig Musik drauf". Hier zog er Lf3!

In der Diagrammstellung spielte Martin Lf3! Ein in gegnerischer Zeitnot höchst unangenehmer Zug! Vermutlich ist die Annahme des Opfers für Weiß sogar das Beste, böte für Schwarz aber gute praktische Chancen. Weiß versuchte hier einen Verteidigungszug und brach kurz darauf ein. Ein erfolgreicher Auftakt also für unser Brett 1. Martin hatte es in diesem Turnier übrigens gleich dreimal mit weiblichen Gegnern zu tun, unter anderem mit der drittbesten deutschen Spielerin U18, Elena Winkelmann. Diese Partie verlor er nach interessantem Verlauf.

Eine lustige Begebenheit à la Sebastian hatte auch Martin zu bieten: Als er zwischen zwei Runden am Aushang die Paarungslisten nach seinem nächsten Gegner absuchte, standen neben ihm zwei Spieler(innen), deren Konversation Martin zwangsläufig verfolgte und die in etwa wie folgt verlief: "Gegen wen spielst Du nächste Runde?" - "Gegen einen Klinkenborg" - "Das klingt sehr nordisch" - "Hat keine schlechte Wertungszahl" - "Ja, aber ist keiner mehr von den ganz jungen" Und dann: "Sei aber vorsichtig, 'Martin' ist ein kritischer Name, aber Du hast Weiß, wer Aufschlag hat, gewinnt". Martin spielte eine sehr gute Partie und gewann nach wilden Verwicklungen gegen immerhin eine 2000erin, auch wenn diese noch nach der Zeitnot dreimal den Gewinn ausließ. Martin meinte nur trocken, er habe halt einen kritischen Namen... :-)

Nicht zu unterschätzen ist auch die Leistung von Edwin, der sogar einen halben Punkt mehr als Martin holte, wobei allerdings Martins DWZ-Gegnerschnitt ca. 80 Punkte über Edwins lag. Edwins "dreieinhalb" setzen sich aus 5 Remis und einem Sieg zusammen. Konzentrierte Leistung also von Edwin, der sich nur einmal geschlagen geben musste: In der Auftaktrunde war ein "2200er" notwendig, um Edwin zu besiegen.
 

Edwin, hier rechts, konnte mehr als zufrieden sein. Mit der Punkteausbeute ohnehin, aber auch mit den Partien. Bei ihm standen am Ende 3,5 Punkte zu Buche - 50%! Sebastian (rechts), seines Zeichens amtierender Meister des Unterbezirks Ostfriesland, spielte wie immer scharf und interessant und auf Gewinn - 3,5 Punkte seine Ausbeute.

Das Turnier wies nicht nur eine große Anzahl an weiblichen Teilnehmern auf, sondern auch an sehr jungen Spielern. Sebastian und ich hatten es mit gleich jeweils zwei Spielern aus den Jahrgängen 1994 - 96 zu tun. In allen diesen Partien war mehr als ein Remis nicht zu machen, auch wenn die Partien teilweise bis ins Endspiel über die volle Distanz (Sebastian) ausgekämpft wurden. Die "Kiddies" spielten auch im Endspiel in der 5. Stunde noch bärenstark. Vermutlich sind unsere Remisen sogar noch positiv einzustufen, wenn man bedenkt, das unsere jungen Gegner bereits an Deutschen Meisterschaften teilnahmen - in ihren Altersklassen, wohlgemerkt.

Sebastians 3,5 Punkte setzen sich aus drei Remis und zwei Siegen zusammen. Der Norder hatte eröffnungstheoretisch für seine Gegner wieder einiges "in the Petto" und damit sein sehr gutes 50%-Ergebnis aus dem Vorjahr wiederholen können. Ich selber habe zum Ende hin etwas nachgelassen - der Start mit 2,0/4 war sehr gut, dann allerdings habe ich unnötig zwei sehr gute Stellungen "weggestellt", zum Abschluß schob ich frustriert ein Remis, das waren dann die 2,5 Punkte. Zufrieden mit meinem Spiel konnte ich sein, aber es hätte ruhig ein halber Punkt mehr sein dürfen. Ein wenig Statistik zum Abschluß:
 

Turniersieger wurden punktgleich der ehemalige Braker und jetzt in der Bundesliga für den SV Werder Bremen spielende IM Gerlef Meins und GM Alexandr Karpatchev aus Rußland, wobei nach Wertung Gerlef Meins die Nase vorne hatte. Beeindruckend war sicherlich auch der vierte Platz des titellosen ehemaligen Wittmunders David Höffer. Ja, und somit fand das Turnier wieder sein Ende, auch die Uhren waren zum Schluß wieder alle an ihrem richtigen Platz und die kritischen Namen erwiesen sich doch auch wieder als ganz normal.

Alle Ergebnisse finden sich auf der offiziellen Turnierseite: Hier:

Ein Video vom Abschlußsimultan des Turniersiegers findet sich: Hier.

Letzteres ist natürlich ein Scherz, trotzdem vielen Dank an www.chessbase.de für den Hinweis auf dieses Filmchen. Da kommt Hape Kerkeling ja gerade noch so mit. Damit sagen wir vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Auf Videosehen bis nächstes Jahr im schönen  Bad Zwischenahn!

- frank modder, 13.02.2007