Beim 9. Nord-West
Cup 2007, ausgetragen im Alten Kurhaus in Bad Zwischenahn, war am Sonntag
vor der Vormittagsrunde am Aushang im Foyer neben den Paarungs- und Ergebnislisten
folgender Text zu lesen:
Beim Schachturnier
in Bad Zwischenahn
spielte einst ein
Veteran
gegen einen jungen
Hahn.
Nach 2 1/2 Stunden
die Blase drückt,
so ist ein Spieler
dann auch entrückt.
Der andere macht seinen
Zug geschwind
und schaut auch, wo
die Toiletten sind.
Bald kommen die Spieler
zum Brett zurück -
und siehe da - da
fehlt ein Stück.
Sie schauen verdutzt
wohl in die Runden
jedoch die Uhr, sie
blieb verschwunden.
Der Schiri hat sie
bald entdeckt -
sie war beim Blitzen
um die Eck!
Im Café wurde
fleißig geblitzt,
zuvor hatte man die
Uhr stiebitzt
aus dem Turniersaal,
wo sie frei,
weil weit und breit
kein Mensch dabei.
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Tja, wer ist denn da
am Werk gewesen? Zwischen den Runden wollten am Vortag die beiden Norder
Sebastian Müer und Heiko Weerda sowie ich ein wenig blitzen, um uns
die Zeit zu vertreiben. "Dann will ich mal von nebenan eine Uhr holen",
so Sebastian. Dort wurde zwar noch gespielt, aber viele waren auch bereits
mit ihrer Partie fertig, genug Uhren also zu unserer Verfügung. Gesagt,
getan. Wir hatten gerade die besorgte Uhr gestellt und ein paar Züge
gespielt, als der Hauptschiedsrichter zu uns ins Café kam. "Habt
ihr von drüben eine Uhr geholt?" Ja sicher, hatten wir. "Aber die
Partie lief noch..." Hmmm... Hat Sebastian wohl irgendwie eine falsche
Uhr erwischt! Oder wie mein Gegner aus der dritten Runde später meinte:
"Irgendwie schlecht, wenn man seine Uhr drücken will, und ins Leere
greift..." Naja, da die Gegner sich einig waren, ungefähr gleich viel
Zeit verbraten zu haben, konnte die Uhr "rekonstruiert" werden - das Turnier
war gerettet! :-) Eine der vielen lustigen Begebenheiten beim jetzt zu
Ende gegangenen Nord-West Cup in Bad Zwischenahn.
Holthusen nahm wieder
mit Martin Klinkenborg, Edwin Lehmann und mir teil, es fehlte diesmal leider
Andreas Slopinski, der in den beiden letzten Jahren mit am Start war. Viele
weitere Spieler aus dem Bezirk waren ebenfalls unter den Teilnehmern wiederzufinden,
unter anderem wie gesagt Sebastian Müer. Das Abschneiden war diesmal
in etwa im Rahmen dessen, was wir in den letzten Jahren auch abgeliefert
hatten, zumindest nach Punkten. Sebastian und Edwin holten 3,5 Punkte aus
den 7 Runden, Martin gelangen 3, mir selber nur 2,5.
Den stärksten
Eindruck hat Martin hinterlassen, der durchweg interessante taktische Stellungen
auf dem Brett hatte, ideenreich spielte und gegen starke Gegnerschaft auch
die Punkte machte. Selbst einen FM hatte er am Rande einer Niederlage.
Dieser war im Jahre 2000 sogar Amateurweltmeister der FIDE gewesen. Martins
3 Punkte setzen sich aus 2 Remis und 2 Siegen zusammen, unter anderem in
der Auftaktrunde gegen einen "2100er":
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Martin Klinkenborg
schien den Erfolg herbeibeten zu wollen. Es half: Rechts ist das Diagramm
vom obigen Bild zu sehen. |
Martin hatte alles
auf den K-Flügel von Weiß ausgerichtet und "richtig Musik drauf".
Hier zog er Lf3! |
In der Diagrammstellung
spielte Martin Lf3! Ein in gegnerischer Zeitnot höchst unangenehmer
Zug! Vermutlich ist die Annahme des Opfers für Weiß sogar das
Beste, böte für Schwarz aber gute praktische Chancen. Weiß
versuchte hier einen Verteidigungszug und brach kurz darauf ein. Ein erfolgreicher
Auftakt also für unser Brett 1. Martin hatte es in diesem Turnier
übrigens gleich dreimal mit weiblichen Gegnern zu tun, unter anderem
mit der drittbesten deutschen Spielerin U18, Elena Winkelmann. Diese Partie
verlor er nach interessantem Verlauf.
Eine lustige Begebenheit
à la Sebastian hatte auch Martin zu bieten: Als er zwischen zwei
Runden am Aushang die Paarungslisten nach seinem nächsten Gegner absuchte,
standen neben ihm zwei Spieler(innen), deren Konversation Martin zwangsläufig
verfolgte und die in etwa wie folgt verlief: "Gegen wen spielst Du nächste
Runde?" - "Gegen einen Klinkenborg" - "Das klingt sehr nordisch" - "Hat
keine schlechte Wertungszahl" - "Ja, aber ist keiner mehr von den ganz
jungen" Und dann: "Sei aber vorsichtig, 'Martin' ist ein kritischer Name,
aber Du hast Weiß, wer Aufschlag hat, gewinnt". Martin spielte eine
sehr gute Partie und gewann nach wilden Verwicklungen gegen immerhin eine
2000erin, auch wenn diese noch nach der Zeitnot dreimal den Gewinn ausließ.
Martin meinte nur trocken, er habe halt einen kritischen Namen... :-)
Nicht zu unterschätzen
ist auch die Leistung von Edwin, der sogar einen halben Punkt mehr als
Martin holte, wobei allerdings Martins DWZ-Gegnerschnitt ca. 80 Punkte
über Edwins lag. Edwins "dreieinhalb" setzen sich aus 5 Remis und
einem Sieg zusammen. Konzentrierte Leistung also von Edwin, der sich nur
einmal geschlagen geben musste: In der Auftaktrunde war ein "2200er" notwendig,
um Edwin zu besiegen.
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Edwin, hier rechts,
konnte mehr als zufrieden sein. Mit der Punkteausbeute ohnehin, aber
auch mit den Partien. Bei ihm standen am Ende 3,5 Punkte zu Buche - 50%! |
Sebastian (rechts),
seines Zeichens amtierender Meister des Unterbezirks Ostfriesland, spielte
wie immer scharf und interessant und auf Gewinn - 3,5 Punkte seine Ausbeute. |
Das Turnier wies nicht
nur eine große Anzahl an weiblichen Teilnehmern auf, sondern auch
an sehr jungen Spielern. Sebastian und ich hatten es mit gleich jeweils
zwei Spielern aus den Jahrgängen 1994 - 96 zu tun. In allen diesen
Partien war mehr als ein Remis nicht zu machen, auch wenn die Partien teilweise
bis ins Endspiel über die volle Distanz (Sebastian) ausgekämpft
wurden. Die "Kiddies" spielten auch im Endspiel in der 5. Stunde noch bärenstark.
Vermutlich sind unsere Remisen sogar noch positiv einzustufen, wenn man
bedenkt, das unsere jungen Gegner bereits an Deutschen Meisterschaften
teilnahmen - in ihren Altersklassen, wohlgemerkt.
Sebastians 3,5 Punkte
setzen sich aus drei Remis und zwei Siegen zusammen. Der Norder hatte eröffnungstheoretisch
für seine Gegner wieder einiges "in the Petto" und damit sein sehr
gutes 50%-Ergebnis aus dem Vorjahr wiederholen können. Ich selber
habe zum Ende hin etwas nachgelassen - der Start mit 2,0/4 war sehr gut,
dann allerdings habe ich unnötig zwei sehr gute Stellungen "weggestellt",
zum Abschluß schob ich frustriert ein Remis, das waren dann die 2,5
Punkte. Zufrieden mit meinem Spiel konnte ich sein, aber es hätte
ruhig ein halber Punkt mehr sein dürfen. Ein wenig Statistik zum Abschluß:
Turniersieger wurden
punktgleich der ehemalige Braker und jetzt in der Bundesliga für den
SV Werder Bremen spielende IM Gerlef Meins und GM Alexandr Karpatchev aus
Rußland, wobei nach Wertung Gerlef Meins die Nase vorne hatte.
Beeindruckend war sicherlich auch der vierte Platz des titellosen ehemaligen
Wittmunders David Höffer. Ja, und somit fand das Turnier wieder sein
Ende, auch die Uhren waren zum Schluß wieder alle an ihrem richtigen
Platz und die kritischen Namen erwiesen sich doch auch wieder als ganz
normal.
Alle Ergebnisse finden
sich auf der offiziellen Turnierseite: Hier:
Ein Video vom Abschlußsimultan
des Turniersiegers findet sich: Hier.
Letzteres ist natürlich
ein Scherz, trotzdem vielen Dank an www.chessbase.de für den Hinweis
auf dieses Filmchen. Da kommt Hape Kerkeling ja gerade noch so mit. Damit
sagen wir vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Auf Videosehen bis
nächstes Jahr im schönen Bad Zwischenahn!
- frank modder,
13.02.2007
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