- Schach- und Spielefestival Pardubice 2008 -

 
Zwei Ostfriesen beim besten Turnier der Welt
 
Das beste Turnier der Welt!?

In Pardubice fand jetzt im Juli zum bereits 19. Mal ein internationales Schach- und Spielefestival statt, mittlerweile laut Ausrichter das Größte seiner Art weltweit. In der tschechischen Stadt (etwa 90.000 Einwohner, gelegen ca. 100 km östlich von Prag) kamen über 1500 Schachspieler zusammen. Es finden neben den Schachveranstaltungen aber auch Wettbewerbe im Poker, Go, Backgammon, Magic usw. statt, insgesamt gab es knapp 6000 Anmeldungen von Spielern aus 52 Ländern. Hauptattraktion in Pardubice ist aber in jedem Jahr eindeutig das Schach. In fünf Open wird dabei um Podestplätze und Ratingpreise gespielt.

Sebastian Müer und ich (zusammen mit vielen weiteren Spielern der NSJ) machten uns v. 16.-27.07 auf den Weg, um am dortigen B-Open teilzunehmen (um das A-Open zu spielen, bedurfte es einer Ratingzahl von 2200). Gespielt wurde in einem großen Stadion, der Cez Arena, welches normalerweise der Eishockeymannschaft von Pardubice zur Verfügung steht. Von vielen Leuten wird das Pardubicer Turnier als das schönste Turnier überhaupt bezeichnet. Nach meiner Erfahrung in diesem Jahr dort kann ich dies nur bestätigen. Gute Organisation und Schachatmosphäre pur.
 

Die Cez Arena von außen
Und so sah es innen aus

Sportliches Abschneiden

Über Pardubice wird weiterhin gesagt, man könne dort mal nett hinfahren, und ein paar Ratingpunkte gewinnen. Das wiederum erwies sich als falsch, zumindest im A- und B-Turnier kann man böse federn lassen. Das haben auch Sebastian und ich festgestellt, aber auch einige andere vom NSJ konnten davon ein Lied singen. Wenn man - mal überspitzt gesagt - zum dritten oder vierten Mal von einem 12jährigen Russen mit 1800 abgezogen wird, denkt man da sicher anders. Mit 2/9 (ein Sieg, zwei Remis) war es für mich ein ziemliches Desaster. Woran lag es? Lücken im Eröffnungsrepertoire, aber in erster Linie an mangelndem Kampfgeist bzw. mangelnder Einstellung. In mindestens drei Partien habe ich mich in Stellungen verloren gegeben, die objektiv nicht schlechter für mich waren.

Aber ansonsten waren die Bedingungen in Pardubice optimal. Unterkunft 10 Gehminuten vom Stadion, das Stadion wiederum 5 Gehminuten von der Innenstadt entfernt. Gespielt wurde eine Runde pro Tag, Beginn um 15 Uhr. Die Bedenkzeit war 2 Stunden für die gesamte Partie, zuzüglich 30 Sekunden pro Zug von Beginn an. Das war schon eine kleine Umstellung, aber im Grunde eine gute Regelung. Man kann dadurch langwierige Endspielvorteile geltend machen, ohne daß man fürchten muß, auf Zeit zu verlieren. So gelang dies beispielsweise Sebastian in einem Endspiel mit Turm + Läufer gegen das Läuferpaar. Jedenfalls war man spätestens um 20/20:30 Uhr fertig und hatte dann noch den Abend für sich. Eine Runde pro Tag ist schon optimal. Natürlich bedeutet dies mehr Übernachtungen, aber die Übernachtungspreise sind unproblematisch.
 

Ein Eindruck von der Stadt
Hauptmarktplatz in Pardubice

Fußballhobbyturnier

Ein Erlebnis der besonderen Art war das Fußballturnier für die Schachspieler im Rahmenprogramm. Insgesamt gingen 33 Teams an zwei Tagen an den Start, gespielt wurde mit Fünferteams (4 + Torwart). Es wurden zunächst 8 Gruppen gebildet, dann ging es mit dem Achtelfinale weiter. Unser NSJ-Team bestand aus Manuel Polnau, Felix Zwick, Fabian Reinkemeier, Adrian Debbeler, Sebastian und mir, dazu noch Frank Drill als hessischer Gasttorhüter. Wir gewannen zunächst unsere Gruppe, aber gegen Schweden im Achtelfinale wurde es knapp. Nach spätem Ausgleich des Gegners gab es ein Siebenmeterschießen. Hier war Sebastian der Matchwinner, der den letzten Siebenmeter verwandelte und danach den der Schweden parierte. Anschließend bekamen wir einen Lauf und zogen tatsächlich letztlich nach einem 3:0 im Halbfinale in das Endspiel ein.
 

Teammitglieder (v.l.n.r.): Adrian Debbeler, Manuel Polnau, Fabian Reinkemeier, Sebastian, Frank Drill
Sebastian verwandelt eiskalt gegen Schweden 

Fußball und Shakhriyar Mahmedyarov

Im anderen Semifinale war ein prominenter Torwart zu sehen: Die aktuelle Nr. 8 der Weltrangliste, Shakhriyar Mahmedyarov. Wir hofften darauf, gegen ihn im Finale spielen zu können, doch sein Team verlor unglücklich im Siebenmeterschießen. Aber es gab noch ein Wiedersehen: Nachdem wir das Endspiel 0:3 verloren hatten, sprach nach der Siegerehrung Fabian den vorbeischlendernden Mahmedyarov an, ob er ein Foto von unserem Team machen könne. Mahmedyarov hatte es erst falsch verstanden und gedacht, wir wollten ein Foto mit ihm machen. Doch der lockere und immer gut aufgelegte Aserbaidschaner war schließlich zu beidem bereit. Hier nun also ein Foto von und ein Foto mit Mahmedyarov:
 

Einmal von Mahmedyarov. V.l.n.r.: Felix,
Manuel, Fabian, Sebastian, Frank D., ich, Adrian
Und einmal mit Mahmedyarov, vorne links

Sebastian vs. Mahmedyarov

In einem kleinen Club in unserem Wohnheim, in welchem nachts gerne mal dezent und leise gefeiert wurde, fand sich zu später Stunde unversehends auch Mahmedyarov ein, welcher gegen jedermann Blitzpartien austrug - einfach so, unentgeltlich. Dabei spielte der Meister bevorzugt mit 30 Sekunden Bedenkeit, während die Gegner 3 Minuten hatten, aber er variierte auch gerne mal, je nach Spielstärke. Wenn man zumindest ein Remis geholt hatte, konnte man eine weitere Partie spielen. Irgendwann gelang es auch Sebastian, auf den begehrten Stuhl gegenüber des Meisters zu gelangen, und er durfte sich an der Nr. 8 der Weltrangliste versuchen. Auch dies gehört zu unseren unvergeßlichen Momenten in Tschechien.
 

Freie Partie Sebastian gegen Mahmedyarov

Fazit: Das Turnier, in diesem Fall das B-Open, ist lang, hart und sportlich sehr anspruchsvoll. Aber für den Verlust von DWZ-Punkten wird man ansonsten reichlich entschädigt. Die Organisation stimmt, ein gutes Rahmenprogramm, die Unterkunft war okay, und auch die Stadt Pardubice hat das ein oder andere zu bieten. Wahrscheinlich stimmt es: Das beste Turnier der Welt.
 

Panorama vom Innenraum der Cez Arena

- frank modder, 31.07.08