Take a walk
on Hans Wild Side
Ein weiteres Mal war
eine Teilnahme am Hans-Wild-Turnier von Werder Bremen angesagt, welches
mittlerweile ins 4. Jahr ging. Ein Turnier, welches in 6er-Gruppen ausgespielt
wird, wozu die Teilnehmerliste nach Spielstärke sortiert wird. Die
besten sechs Spieler bilden Gruppe A, die nächsten sechs Gruppe B
usw. In einer Gruppe trifft jeder auf jeden anderen, was also zu einem
fünfrundigen Wettbewerb führt.
Sebastian gewann in
den letzten Jahren zweimal die B-Gruppe, diesmal konnte er in der höchsten
Kategorie antreten. Mit dabei, und das hat mich besonders gefreut, war
der alte Holthuser Mitstreiter Keno Lübsen, der sich mittlerweile
auf knapp 2100 Punkte gewuchtet hat und in der Kategorie B am Start war.
In C spielte ich, in Gruppe D mein Mannschaftskollege und unser diesmaliger
Reisebegleiter Maik Schäfer. Wir mussten uns also alle nicht gegenseitig
die Punkte wegnehmen, das war schon mal ganz vernünftig.
Aber nun gleich zu
unseren Abenteuern, und deren gab es viele. Man kann immer viel über
eine Partie erzählen, aber ohne sie zu zeigen bzw. ein Diagramm, ist
es meist nur halb so viel Wert, da man sich nur schwer eine Vorstellung
machen kann. Darum viele Fragmente und Diagramme hier, aber letztlich doch
nicht zu jeder erwähnten Partie. Das wäre zu viel.
Hier die Einteilung
der Gruppen:
Gruppe A |
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Gruppe B |
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Gruppe C |
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Gruppe D |
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Meijers |
2454 |
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Webner |
2149 |
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Evering |
1950 |
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Schäfer |
1843 |
Grigorian |
2365 |
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Ngo |
2133 |
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Calic |
1934 |
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Sommer |
1838 |
Müer |
2187 |
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Hundack |
2110 |
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Schubert |
1901 |
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Klemm |
1797 |
Kardoeus |
2169 |
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Lübsen |
2087 |
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Modder |
1889 |
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Block |
1777 |
Naundorf |
2153 |
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Schat |
2004 |
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Mönster |
1878 |
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Monnerjahn |
1735 |
Steffens |
2150 |
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Sechting |
2002 |
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Schiller |
1857 |
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Nordhorn |
1725 |
Freitag, Runde 1
Sebastian startete
gegen David Kardoeus mit einem vollen Punkt. Ein bislang unangenehmer Gegner
für ihn, holte Kadde doch 2:1 Punkte in ihren bisherigen Begegnungen.
Beide Seiten gossen in ihrem nunmehr vierten Duell munter Öl ins Feuer,
wobei gerade Sebastian am Königsflügel sehr viel Verantwortung
auf sich nahm. Beide standen mal vorteilhaft, Sebastian konnte dann in
passiver Stellung seines Gegners eine Figur für 2 Bauern opfern und
eine Fesselung ausnutzen, so bekam der die Figur wieder. Am Ende stellte
Kadde in Zeitnot kurz vor dem 40. Zug eine Figur ein, da war es aber wohl
schon nicht mehr zu retten.
Aus der A-Gruppe noch
ein krasser Figurenverlust unseres alten Mitstreiters Spartak Grigorian
in seiner Partie gegen Olaf Steffens:
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Steffens - Grigorian
Weiß am Zug
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Vielleicht steht Weiß
hier ein kleines bisschen besser auf Grund des Läuferpaares. Er zog
37.
Ld3+, was mit … Se4+? beantwortet wurde. Vielleicht war auch
Zeitnot im Spiel, vielleicht dachte Spartak auch, der König könne
wegen der Abzüge nicht nach f3 gehen, aber nach 38. Kf3 haben
wir ein seltenes Stellungsbild und der Se4 fällt vom Brett.
Mein Gegner war das
junge Papenburger Talent Sören Evering. Mit Weiß brannte ich
auf eine Grill-Partie, aber beinahe verbrannte ich mir selbst die Finger:
Frank
- Sören Evering
Vermutlich hätte
ich nach 25. … Sxc4 die Partie verloren. Den Gewinn im Turmendspiel hätte
man sich erarbeiten können, da die Alternative nur Remis sein konnte.
Angesichts der Probleme über weite Strecken der Partie war das Remis
aber in Ordnung.
Kenos Auftaktextravaganza
gegen Schat war eine knackige Kurzpartie:
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Lübsen -
Schat
Weiß am Zug
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Keno „vergaß“
hier die Theorie, und sein Bauernopfer 12. Dc2 war im Grunde ein
Materialverlust ohne ausreichende Kompensation. Erschreckt reagierte der
Gegner sofort mit dem Einstellen einer Figur: 12. … Sfxe4 13. Sxe4 Sxe4?
wonach d4 natürlich gedeckt wird und man konnte kurz darauf nach Hause
gehen. Schon sehr kurios bei 2100 vs. 2000.
Samstag, Runde 2
Eine Glanzleistung
gab es hier von Sebastian, der gegen Maik Naundorf erneut eine sehr scharfe,
konkrete Partie spielte. Hier das Finale dieser interessanten Begegnung:
Maik
Naundorf - Sebastian
Lxb2!! war wirklich
eine tolle Idee!
Ich kam gegen Calic
nicht gut aus der Eröffnung und musste schon ein paar Verrenkungen
machen, um meinen Königsflügel zu entwickeln und den Monarchen
einigermaßen sicher zu verstecken. Nachdem das in etwa gelang, nahm
ich ein Remisangebot an.
Kurios endete die
Partie zwischen Lokalmatador Olaf Steffens und dem einzigen GM im Felde,
Visturs Meijers:
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Steffens - Meijers
Weiß am Zug
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Weiß hatte ein
paar Züge vorher eine Figur geopfert, steht allerdings hier auf Verlust.
Es folgte 23. Tf4 Dd5?? 24. Dxh7+ und wg. Matt in zwei Zügen
musste Schwarz aufgeben.
Auch Keno lieferte
wieder eine interessante Partie ab, diesmal gegen Duc. Ich wollte mich
erst mit einem Diagramm begnügen, aber hier das Abenteuer ein wenig
ausführlicher:
Keno
- Duc
Eine dramatische Schlacht.
Ich meine auch hier, ein salomonisches Remis, beide Seiten haben ihre Chancen
gehabt, wobei Kenos Gewinn sicherlich technisch schwieriger umzusetzen
gewesen wäre als Ducs Endspielvorteil.
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Maik beim Blitz
gegen Edel-Fan Heiko.
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Samstag, Runde 3
Es kam in Gruppe A
zum direkten Duell zwischen Sebastian und Olaf Steffens, die beide bei
2,0/2 rangierten. Werders Manager hat seinen eigenen Stil, der immer wieder
zu interessanten Partien führt, und auch wenn es manchmal etwas zweischneidig
ausschaut, müssen sich die Gegner doch erst Mal in den Varianten zurechtfinden.
Auch hier geschah wieder Dramatisches:
Sebastian
- Olaf Steffens
Death in the afternoon…
In meiner Partie gegen
Schubert war ich mit der Eröffnung überhaupt nicht zufrieden,
und nach frühem Damentausch bot ich eingangs des Mittelspiels Remis
an, was ich grundsätzlich sonst nicht mache. Problem war auch, dass
ich in der Nacht zuvor wenig Schlaf hatte und mich in der Nachmittagspartie
müde wie ein Stein fühlte. Eine richtige Partie war es nicht.
Keno hatte ein etwas
schlechteres Läuferendspiel gegen Hundack, der ellenlang knetete,
bis Keno nicht den richtigen Läuferzug fand, der den gegnerischen
Freibauern stoppen konnte:
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Hundack - Lübsen
Schwarz am Zug
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Hier hätte Lb3
nebst Lg8 remisiert. Weiß kann keine Fortschritte machen. Wenn der
h-Bauer läuft, wird er eher schwach. Nach einem langen Kampf sind
aber die richtigen Ideen nicht immer leicht zu finden.
Sonntag, Runde 4
Sebastian traf auf
GM Meijers mit Schwarz. Die Eröffnung sah recht unscheinbar aus, aber
nach wenigen Zügen war man bereits aus dem Buch. Sebastian investierte
viel Zeit und erarbeitete sich eine Gewinnstellung - jedoch, es sollte
nicht sein:
Meijers
- Sebastian
Ich spielte nach meinen
drei Remis gegen Schiller mit Schwarz, dieser führte das Turnier mit
2,5/3 zu diesem Zeitpunkt an. Eine seiner Partien folgt später. Mit
meinem Spiel hier konnte ich lange Zeit ganz zufrieden sein, aber es bewegte
sich alles im ausgeglichenen Rahmen. Bis mein Gegner mir erlaubte, einen
Springer auf der dritten Reihe einzupflanzen. Ich baute Druck gegen seinen
König auf und konnte schließlich in ein gewonnenes Damenendspiel
mit Mehrbauer und aktiver Dame abwickeln. Damit war ich punktgleich an
der Spitze.
Keno hatte erneut eine
kuriose Partie auf dem Brett. Lange Zeit spielte er ein gewonnenes Endspiel
mit Dame, Läufer und Bauer gegen Dame, schaffte aber den Knock-out
nicht. Auch das Finale war dann nicht so erfreulich:
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Lübsen -
Sechting
Schwarz am Zug
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Schwarz spielte 80.
… Dg6, ein Patt-Trick, allerdings ohne Pointe. Keno antwortete 81.
b6, unnötig, aber es gewinnt auch immer noch. Nach 81. … Dxb6
kam allerdings 82. Dc8+?, wonach die Stellung Remis ist. 81. Df8+
hätte immer noch gewonnen: 81. … Kh7 82. Ld3 und der König zieht
mit Matt ab. Eine bittere Pille.
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Sebastian und
Maik prüfen ihre Vorbereitung
zwischen den Sonntagsrunden.
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Sonntag, Runde 5
Der Sieger des A-Turniers
hieß Olaf Steffens. Er brauchte in der letzten Runde nicht mehr anzutreten,
da sein Gegner Naundorf nach einer Niederlage in der Vormittagspartie das
Turnier einfach verlassen hatte. Für Sebastian ging es noch um Platz
2 und 200 EUR, seine Aufgabe gegen Spartak war aber knifflig, wenn auch
mit Weiß:
Sebastian
- Spartak
Remis gehalten also.
Dennoch vielleicht ein schwacher Trost für das Remis am Vormittag.
Und Sebastian hatte gleich nochmal Pech: Meijers kam zwar gegen David Kardoeus
nicht über ein Remis hinaus (Davids erstes Remis gegen einen GM übrigens,
und er remisierte sogar aus der besseren Position heraus), wonach er punktgleich
mit Sebastian war, blieb aber nach Zweitwertung hauchdünn vor Bast,
dem somit 200 EUR durch die Lappen gingen.
Keno hatte wenig Mühe,
mit Schwarz gegen Dennis Webner auszugleichen, vielleicht konnte er an
ein oder zwei Stellen sogar leicht in Vorteil kommen. Letztlich waren die
Helden aber etwas Müde und vereinbarten nach gut zwanzig Zügen
ein Remis.
In meiner Gruppe kam
es zu einem Dreikampf um den Sieg. Die mit mir punktgleichen Evering und
Schiller trafen direkt aufeinander, hier neigte sich die Waagschale relativ
schnell in Richtung von Sören, der einen fulminanten Königsangriff
zu einem vollen Punkt führte. Würde ich nun parallel ebenfalls
gewinnen, so wäre ich auch nach Zweitwertung genau gleichauf mit dem
Papenburger und wir würden Platz 1 teilen.
Das stand aber nicht
zur Debatte: Ich lavierte mich gegen Mönster durch ein irgendwie sperriges
Mittelspiel, bekam Probleme, geriet in Zeitnot und musste Schadensbegrenzung
betreiben. In dem Turmendspiel war der Minusbauer von geringer Bedeutung,
da mein Turm aktiver und der gegnerische König ab vom Schuss war.
Doch beinahe stolperte ich noch:
Frank
- Madita Mönster
Am Ende also Platz
2, aber es geht in Ordnung. Mit vier Remis kann man eben nicht auf den
Turniersieg hoffen, und Sören spielte insgesamt das aggressivere,
konkretere Schach, auch wenn er gegen Schachfreund Schubert auf Verlust stand.
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Die Gewinner der
C-Gruppe.
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Maik und Sonstiges
Zu erwähnen ist
noch unser Mitfahrer Maik, der etwas schwer ins Turnier startete, aber
gegen Sommer und Block jeweils aus kritischer Lage heraus noch remisierte.
In Runde 3 war er erneut in einer kritischen Lage, als er mit einem starken
Springermanöver die Partie sogar noch in einen vollen Punkt gegen
Nordhorn verwandeln konnte. Es folgte seine beste Partie:
Schäfer
- Monnerjahn
Eine Partie in ständigem
Vorwärtsgang! Auch die letzte Partie konnte Maik gewinnen, nachdem
sein Gegner Klemm seine Struktur geschwächt und einen Bauern verloren
hatte. 4,0/5 waren ein Spitzenergebnis, auch wenn die Partien am Anfang
mehr als kritisch waren. Aber der 1. Platz in Gruppe D und eine Performance
bei knapp 2000 waren ein Erfolg.
An dieser Stelle noch
eine sehr wilde Partie aus meiner Gruppe C, das Duell der beiden Kollegen
Schiller und Calic. Schwarz stand lange Zeit auf Gewinn, ließ Weiß
aber zweimal in eine ausgeglichene Stellung entschlüpfen. Ein weiteres
Mal kann Schwarz gewinnen, doch mittlerweile gibt es ein Bauernrennen in
Richtung Umwandlung und geht es hin und her: Weiß steht plötzlich
auf Gewinn, aber rennt mit dem Bauern statt einen Gegnerischen zu entfernen,
steht wieder auf Verlust, aber Schwarz setzt den König auf das falsche
Feld und Jan-Hendrik Schiller macht für Weiß den Deckel drauf.
Schiller
- Calic
Die Partie soll die
Spieler nicht schlecht dastehen lassen - ich hätte es vermutlich nicht
besser gespielt - sondern zeigen, wie dramatisch es sein kann und welche
Möglichkeiten das Spiel doch bietet. Die Kompliziertheit der Lage
und die geringe Bedenkzeit (kein Inkrement) stellen die Ehre der Spieler
wieder her.
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Maik mit Timo
Block
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Fazit
Es hat nicht alles
funktioniert wie geplant, aber dennoch war es überwiegend ein positives
Turnier. Sebastian und ich beendeten das Turnier mit etwas Plus, Bast hat
die 2200 wieder und ich die 1900. Bei ihm bleibt der ausgelassene Punkt
gegen GM sicherlich auf der Negativseite haften. Maik konnte mit der Ausbeute
sehr zufrieden sein, während für Keno sicherlich etwas mehr drin
gewesen wäre. Minimale Verluste, aber seine Zahl ist recht hoch und
er hat gezeigt, dass er auf diesem Niveau auch angekommen ist. Für
ihn war es Platz 3 in seiner Gruppe B.
Hier noch die offizielle
Seite: Link
frank modder, 21.09.2018
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Spo und Bast bei
der Vorbereitung auf ihre Partie.
Könnte aber auch
aus Pardubice 2017 stammen.
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