- Mannschaftsmeisterschaften 2010/2011 -
 

Turm Holthusen - SC Wilhelmshaven 5:3
- Und wieder Sieg gegen den Tabellenführer / Packender Kampf -
 
Nachdem in Runde 5 der Tabellenführer aus Vechta besiegt werden konnte, kam heuer der nächste Tabellenführer nach Holthusen  - der SC Wilhelmshaven. Bringt sie nur alle her! Diese Mannschaft sollte eigentlich harter Favorit gegen uns sein, war aber doch von dem ein oder anderen Ausfall betroffen, während wir "nur" auf Ludger Hülsmann verzichten mussten. Für ihn spielte Mark Onken. Dennoch ein Plus von im Schnitt 64 DWZ-Punkten für die Gegner, wobei hier allerdings ein starker Punkteunterschied an Brett 8 ins Gewicht fällt, sonst hätten wir 44 Punkte Vorsprung.

In der ewigen Bilanz führten die Gäste noch mit 4-5 Siegen bei einem Unentschieden. Diese Bilanz wollten wir heute natürlich ausgleichen. Es entwickelte sich ein äußerst spannender Kampf zwischen dem Tabellenführer, der natürlich um die Aufstiegschance kämpft, und dem Dritten aus Holthusen, der eigentlich um nichts mehr kämpft (oder O-Ton eines Gastspielers: "Jaja, das ganze Jahr spielt man gegen den Abstieg und am Ende steigt man auf."). Holthusen startete an mehreren Brettern mit dem Gewinn jeweils eines Bauern und es sah sehr gut aus. Ein Rückstand konnte dann ausgeglichen werden und ein paar gutstehende Bretter sorgten auch für die Führung. Entschieden wurde dann das Duell u.a. in einer Zeitnotschlacht am Spitzenbrett. Aber beginnen wir der Reihe nach!

Also, das Abenteuer beginnt: Mein Gegner wählte an Brett 3 eine solide Eröffnung mit Doppelfianchetto. Hier steht bei Weiß immer mal ein Zentrumsvorstoß auf der Agenda. Mein Gegner hatte aber andere Pläne und klärte irgendwann die Lage im Zentrum, um eine Art Minoritätsangriff am Damenflügel zu spielen. Nachdem die Eröffnungsschlacht verklungen war, konnte man nun erstmals ein wenig an den anderen Brettern entlangschlendern.

Mir fiel da zunächst Brett 7 auf, an welchem Dieter Folten einen Mehrbauern hatte. Der Gegner hatte zwar freies Figurenspiel, aber so richtige Kompensation habe ich nicht gesehen. Okay, sah doch ganz annehmbar aus. Mal kurz geguckt, was unsere Nachwuchshoffnung Keno Lübsen macht an Brett 5 - hey, ein Mehrbauer! Keno war am Damenflügel durchgebrochen und konnte sich neben dem Material auch über eine aktive Turmaufstellung freuen.

Naja, sah doch alles nicht schlecht aus. Als nächsten das Brett (6) von Klaus-Dieter Smidt in Augenschein genommen. Klaus hatte ein offenes Figurenspiel erreicht und drang mit seiner Dame am gegnerischen Damenflügel ein. Dies kostete seinen Gegner einen Bauern. Klaus hatte eine solide Stellung, auch hier war keine rechte Kompensation zu sehen. Hey, da wird einem ja schwindlig vor lauter Bauerngewinnen. Also schnell wieder zurück ans Brett, man muß ja auch mal wieder einen Zug machen. Hingesetzt, okay, der Gegner überlegt noch, also mal schnell nach rechts geguckt was Nachbar Manfred Gosseling an Brett 4 so treibt.

Bei Manni ging schnell alles vom Brett, es war ein Doppelturmendspiel mit noch jeweils einem Springer entstanden. Der Gegner wollte auch noch die Türme vom Brett haben, um danach vermutlich auf seine Damenflügelmehrheit zu pochen. Doch Manni fand einen fiesen Turmeinschlag - mit Bauerngewinn... Dem Gegner blieb wohl nicht viel anderes übrig, als auch noch die Türme wegzuholzen. Somit hatten wir hier einen soliden Mehrbauern in einem Springerendspiel. Das sollte gewonnen sein.

Okay, also was macht der eigene Gegner? Blocken wir doch erstmal den Minoritätsangriff ein wenig ab. Na gut, er setzt mir einen Springervorposten auf c5 hinein. Aber da spielen wir doch einfach erstmal drumherum und versuchen, auf der halboffenen e-Linie mit den Türmen was zu machen. Und dann war es ja auch mal geboten, sich die drei anderen Bretter anzuschauen. Bei Edwin Lehmann an Brett 2 tut sich nicht viel. Er hat Figurenspiel und versucht, am Damenflügel eine Linie zu öffnen und da etwas zu spielen, aber der Gegner lässt sich auch nicht viel zu Schulden kommen.

Martin Klinkenborg an Brett 1 und sein Gegner tänzeln ein wenig umeinander herum - im übertragenen Sinne natürlich! Der Wilhelmshavener wählt eine offensive Aufstellung, bricht dann aber nicht durch, sondern hält den Druck im Zentrum aufrecht. Martin versucht zwichenzeitlich, sich zu formieren und die Aufstellung seiner Figuren zu verbessern. Ein Blick an Brett 8: Mark hat es hier mit einem nachgemeldeten starken Gegner zu tun, welcher 800 DWZ-Punkte schwerer ist. Er verkauft sich aber sehr gut (also Mark) und kommt auch gut aus der Eröffnung. Irgendwann geht jedoch ein Bauer verloren - na gut, warum soll nicht auch der Gast mal einen Materialvorteil erhalten.

Eine Entscheidung fällt dann an Brett 7: Dieter hat den Mehrbauern wieder abgegeben und ist in einem einfachen Turmendspiel mit Bauern auf einem Flügel gelandet. Am Brett sitzend sehe ich im Augenwinkel noch, wie man sich hier friedlich die Hand schüttelt. Dieter: "Remis?" - Gegner: "Ja, sicher!!" Somit 0,5:0,5. Und gleich darauf wurde nochmal geschüttelt, und zwar an Brett 8. Marks Gegner hatte in einer Stellung mit jeweils Turm und zwei Leichtfiguren einfach den Mehrbauern und dazu auch die aktiveren Figuren, sodaß Mark die Niederlage leider nicht abwenden konnte. 0,5:1,5. Bei so vielen gutstehenden Brettern am Anfang ist es fast schon Ironie, daß wir nun im Rückstand lagen. Aber die guten Bretter sind ja noch da.

Noch besser wird es bei Klaus. Zum Mehrbauern kommt noch hinzu, daß der Gegner plötzlich eine Figur wegstampft. Das scheint also wirklich auf einen sicheren Punkt hinauszulaufen. Anders da schon bei Keno. Hier wirkt sich eine Fesselung unangenehm aus und er verliert eine Figur, immerhin bekommt er noch einen zweiten Bauern und hat auch einen gedeckten Freibauern. Aber nach Gewinn sieht es hier erstmal nicht mehr aus. Verdammt!

Bei mir selbst muß ich nun aber auch mal wieder ein bißchen was machen, der Gegner hat fast eine Stunde weniger Bedenkzeit verbraucht - aber was müssen die anderen Bretter auch immer so interessant sein. Nun gut, ich bin ein wenig in Zeitnot, er versucht es mit einem Damentausch, um dann im Endspiel was zu machen. Erstmal weg mit der Tante und den Turm aktiviert. Er hat nun zwar einen Freibauernisolani, aber zumindest ein Turm von mir steht doch recht aktiv. Und die 40 wären auch voll. Das lassen wir uns doch erstmal zeigen.

Inzwischen bekommt Keno ein Remisangebot! Das bringt natürlich die ganze Planung durcheinander. Also erstmal Rechenschieber raus und Kriegsrat einberufen. Wir haben bislang 0,5 Punkte. Die Bretter von Klaus und Manfred stehen auf Gewinn. Mit dem Remis von Keno wären es dann also 3 Punkte. Okay, schwierig. Aber Keno hat die 40 geschafft und kann nunmehr die Uhr laufen lassen. Wir warten erstmal ab, was sich am Spitzenbrett tut, vielleicht klärt sich ja die Lage.

Und am Spitzenbrett tobt die Schlacht. Martin hat dort noch ca. 2-3 Minuten für - na, sagen wir 11 Züge in komplizierter Stellung. Der Gegner hat irgendwann doch am Königsflügel gespielt und dort etwas Raum gewonnen, die Stellung ist aber äußerst unklar bei vollem Brett. Auch der Wilhelmshavener nimmt so langsam seine letzten 5 Minuten in Angriff. Anscheinend hätte Martin hier einmal die Dame gegen Turm und zwei Figuren geben können.

Erstmal wieder zurück ans eigene Brett. Nachbar Edwin bekommt ein Remis angeboten. Nach einigem Überlegen lehnt er ab mit den klassischen Worten: "Ich möchte noch ein wenig spielen." Darauf der Gegner: "Ich eigentlich auch." Man müsste eigentlich mal eine Aufstellung der besten Sprüche bei Remisangeboten machen. Mir wäre da noch in Erinnerung: "Ich biete Remis an." - Gegner: "Kann ich verstehen." Die beiden Spielwilligen setzen also ihren Positionskrieg fort. Plötzlich das abrupte Ende an Brett 1. In weiterhin ungeklärter Gesamtlage wird die Partie durch eine Zeitüberschreitung entschieden. Allerdings beim Wilhelmshavener, welcher die Uhr wohl etwas aus dem Auge verloren hat. Ein hart umkämpfter Punkt für Martin und Holthusen. 1,5:1,5.

Der Ausgleich, aber in Wirklichkeit natürlich weit mehr als das! Kann Keno jetzt das Remis annehmen? Abwarten, nichts überstürzen. Was ist eigentlich bei Klaus los? Der hat doch seit Ewigkeiten eine Mehrfigur. Mittlerweile sind es sogar zwei, der Gegner hat nur noch König und einen Bauern... Er kämpft bis zur letzten Patrone, aber das Unweigerliche tritt schließlich ein. Glückwunsch an Klaus zum vollem Punkt! 2,5:1,5. Und dann konnte auch Keno dazu bewegt werden, den Gegner zu erlösen und das Remisangebot anzunehmen - korrekte Entscheidung. 3:2.

Das ist auch für mich endlich die Traumkonstellation - denn außer an meinem Brett wird nun nur noch direkt links und rechts von mir gespielt, ich kann also jetzt alles im Auge behalten, ohne noch aufstehen zu müssen. Okay, was hat der Gegner als nächstes für einen Auftrag? Er gibt seinen freien Isolani auf, um dafür am Damenflügel einen wegzupflücken. Kann er machen, mein aktiver Turm kann auch seine Bauern von hinten beäugen. Manfred hat mittlerweile zwei Bauern + Springer gegen Springer. Die Bauern stehen auf verschiedenen Flügeln und der gegnerische Springer droht sich gegen den einen zu opfern, wonach der König den anderen aufsammeln kann. Aber Manfred hat alles im Griff und kalkuliert genau so, daß sein Springer rechtzeitig den verbliebenen Bauern noch decken kann. So wird der Springer zum Deckhengst!

Auch hier wird noch die letzte Patrone verschoßen, aber Manni holt den Punkt zum 4:2. Manfred war heute hellwach und scheint in guter Spiellaune - 3,5 aus den letzten 4. Nun ist doch ein Mannschaftserfolg wohl drin!? Abwarten. Edwin hat ein Endspiel mit Läufer gegen Springer, aber der Gegner bringt seine Bauern auf die andere Felderfarbe. Es wird dann etwas drinherumgerührt und Edwin scheint Probleme zu bekommen, da der Springer an einem Flügel etwas drohen könnte. Aber das muß doch noch alles in der Remisbreite sein.

Kann ich nicht zwischenzeitlich einen Bauern gewinnen? Nein, leider nicht, der Gegner hat einen kleinen Trick aufgestellt. Naja, okay, ich kann ihn mitnehmen, aber er bekommt einen wieder und hat dann einen Freibauern. Sicherlich immer noch Remis, aber gibt es in der Zwischenzeit nicht etwas Klareres? Ein Turmschach zwingt seinen König zurück, ein weiteres Turmschach... Ein paar Turmschachs später waren wir dann bei einer Zugwiederholung und schüttelten uns die Hände zum Remis. 4,5:3,5, der Gesamtsieg war gesichert.

Edwin, am Zug, bot nun seinem Gegner Remis an. Eigentlich hatte dieser schon angenommen, als Edwin einfiel: "Ich muß ja noch einen Zug machen." Naja, zum Glück grub er dann mit diesem nichts Schlimmes aus und man wurde sich handelseinig. Remis! 5:3 lautete somit der Endstand. Ende des Abenteuers!

Holthusen bleibt nach diesem hart erkämpften Sieg allerdings auf Platz 3 der Tabelle kleben. Was wäre nicht möglich gewesen in dieser Saison! Aber gut, beim letzten Kampf in Jever war das Glück auch auf Seiten der Holthuser, wir dürfen uns also (leider) nicht beschweren. Die Abgänge der letzten zwei Jahre waren einfach zuviel, sonst hätte man in dieser Spielzeit sicherlich aufsteigen können. Man muß aber auch konstatieren, daß die Liga in den letzten Jahren doch etwas schwächer geworden ist, was sich nach dem Aufstieg von Wildeshausen und Esens-Wittmund deutlich bemerkbar macht. Mal sehen, wie es nächste Saison weitergeht. Erstmal haben wir noch zwei Kämpfe, zunächst in drei Wochen noch einmal daheim gegen Lohne.

- Matchstatistik -

 
Nigel Short spielt seine Greatest Hits.
Hier bei der Abschlußfeier in San Luis 2005 mit dem Pet Shop Boys-Cover
"Left to my own (electronic) devices".
 
Im Flieger nach Cento fiel uns plötzlich in der Nachbarreihe jemand auf. Es war niemand anderer als Ruslan Ponomarjov, welcher sich mit der Analyse einer schwierigen Stellung die Flugzeit vertrieb.