Nachdem in Runde 5
der Tabellenführer aus Vechta besiegt werden konnte, kam heuer der
nächste Tabellenführer nach Holthusen - der SC Wilhelmshaven.
Bringt sie nur alle her! Diese Mannschaft sollte eigentlich harter Favorit
gegen uns sein, war aber doch von dem ein oder anderen Ausfall betroffen,
während wir "nur" auf Ludger Hülsmann verzichten mussten. Für
ihn spielte Mark Onken. Dennoch ein Plus von im Schnitt 64 DWZ-Punkten
für die Gegner, wobei hier allerdings ein starker Punkteunterschied
an Brett 8 ins Gewicht fällt, sonst hätten wir 44 Punkte Vorsprung.
In der ewigen Bilanz
führten die Gäste noch mit 4-5 Siegen bei einem Unentschieden.
Diese Bilanz wollten wir heute natürlich ausgleichen. Es entwickelte
sich ein äußerst spannender Kampf zwischen dem Tabellenführer,
der natürlich um die Aufstiegschance kämpft, und dem Dritten
aus Holthusen, der eigentlich um nichts mehr kämpft (oder O-Ton eines
Gastspielers: "Jaja, das ganze Jahr spielt man gegen den Abstieg und am
Ende steigt man auf."). Holthusen startete an mehreren Brettern mit dem
Gewinn jeweils eines Bauern und es sah sehr gut aus. Ein Rückstand
konnte dann ausgeglichen werden und ein paar gutstehende Bretter sorgten
auch für die Führung. Entschieden wurde dann das Duell u.a. in
einer Zeitnotschlacht am Spitzenbrett. Aber beginnen wir der Reihe nach!
Also, das Abenteuer
beginnt: Mein Gegner wählte an Brett 3 eine solide Eröffnung
mit Doppelfianchetto. Hier steht bei Weiß immer mal ein Zentrumsvorstoß
auf der Agenda. Mein Gegner hatte aber andere Pläne und klärte
irgendwann die Lage im Zentrum, um eine Art Minoritätsangriff am Damenflügel
zu spielen. Nachdem die Eröffnungsschlacht verklungen war, konnte
man nun erstmals ein wenig an den anderen Brettern entlangschlendern.
Mir fiel da zunächst
Brett 7 auf, an welchem Dieter Folten einen Mehrbauern hatte. Der Gegner
hatte zwar freies Figurenspiel, aber so richtige Kompensation habe ich
nicht gesehen. Okay, sah doch ganz annehmbar aus. Mal kurz geguckt, was
unsere Nachwuchshoffnung Keno Lübsen macht an Brett 5 - hey, ein Mehrbauer!
Keno war am Damenflügel durchgebrochen und konnte sich neben dem Material
auch über eine aktive Turmaufstellung freuen.
Naja, sah doch alles
nicht schlecht aus. Als nächsten das Brett (6) von Klaus-Dieter Smidt
in Augenschein genommen. Klaus hatte ein offenes Figurenspiel erreicht
und drang mit seiner Dame am gegnerischen Damenflügel ein. Dies kostete
seinen Gegner einen Bauern. Klaus hatte eine solide Stellung, auch hier
war keine rechte Kompensation zu sehen. Hey, da wird einem ja schwindlig
vor lauter Bauerngewinnen. Also schnell wieder zurück ans Brett, man
muß ja auch mal wieder einen Zug machen. Hingesetzt, okay, der Gegner
überlegt noch, also mal schnell nach rechts geguckt was Nachbar Manfred
Gosseling an Brett 4 so treibt.
Bei Manni ging schnell
alles vom Brett, es war ein Doppelturmendspiel mit noch jeweils einem Springer
entstanden. Der Gegner wollte auch noch die Türme vom Brett haben,
um danach vermutlich auf seine Damenflügelmehrheit zu pochen. Doch
Manni fand einen fiesen Turmeinschlag - mit Bauerngewinn... Dem Gegner
blieb wohl nicht viel anderes übrig, als auch noch die Türme
wegzuholzen. Somit hatten wir hier einen soliden Mehrbauern in einem Springerendspiel.
Das sollte gewonnen sein.
Okay, also was macht
der eigene Gegner? Blocken wir doch erstmal den Minoritätsangriff
ein wenig ab. Na gut, er setzt mir einen Springervorposten auf c5 hinein.
Aber da spielen wir doch einfach erstmal drumherum und versuchen, auf der
halboffenen e-Linie mit den Türmen was zu machen. Und dann war es
ja auch mal geboten, sich die drei anderen Bretter anzuschauen. Bei Edwin
Lehmann an Brett 2 tut sich nicht viel. Er hat Figurenspiel und versucht,
am Damenflügel eine Linie zu öffnen und da etwas zu spielen,
aber der Gegner lässt sich auch nicht viel zu Schulden kommen.
Martin Klinkenborg
an Brett 1 und sein Gegner tänzeln ein wenig umeinander herum - im
übertragenen Sinne natürlich! Der Wilhelmshavener wählt
eine offensive Aufstellung, bricht dann aber nicht durch, sondern hält
den Druck im Zentrum aufrecht. Martin versucht zwichenzeitlich, sich zu
formieren und die Aufstellung seiner Figuren zu verbessern. Ein Blick an
Brett 8: Mark hat es hier mit einem nachgemeldeten starken Gegner zu tun,
welcher 800 DWZ-Punkte schwerer ist. Er verkauft sich aber sehr gut (also
Mark) und kommt auch gut aus der Eröffnung. Irgendwann geht jedoch
ein Bauer verloren - na gut, warum soll nicht auch der Gast mal einen Materialvorteil
erhalten.
Eine Entscheidung fällt
dann an Brett 7: Dieter hat den Mehrbauern wieder abgegeben und ist in
einem einfachen Turmendspiel mit Bauern auf einem Flügel gelandet.
Am Brett sitzend sehe ich im Augenwinkel noch, wie man sich hier friedlich
die Hand schüttelt. Dieter: "Remis?" - Gegner: "Ja, sicher!!" Somit
0,5:0,5.
Und gleich darauf wurde nochmal geschüttelt, und zwar an Brett 8.
Marks Gegner hatte in einer Stellung mit jeweils Turm und zwei Leichtfiguren
einfach den Mehrbauern und dazu auch die aktiveren Figuren, sodaß
Mark die Niederlage leider nicht abwenden konnte. 0,5:1,5. Bei so
vielen gutstehenden Brettern am Anfang ist es fast schon Ironie, daß
wir nun im Rückstand lagen. Aber die guten Bretter sind ja noch da.
Noch besser wird es
bei Klaus. Zum Mehrbauern kommt noch hinzu, daß der Gegner plötzlich
eine Figur wegstampft. Das scheint also wirklich auf einen sicheren Punkt
hinauszulaufen. Anders da schon bei Keno. Hier wirkt sich eine Fesselung
unangenehm aus und er verliert eine Figur, immerhin bekommt er noch einen
zweiten Bauern und hat auch einen gedeckten Freibauern. Aber nach Gewinn
sieht es hier erstmal nicht mehr aus. Verdammt!
Bei mir selbst muß
ich nun aber auch mal wieder ein bißchen was machen, der Gegner hat
fast eine Stunde weniger Bedenkzeit verbraucht - aber was müssen die
anderen Bretter auch immer so interessant sein. Nun gut, ich bin ein wenig
in Zeitnot, er versucht es mit einem Damentausch, um dann im Endspiel was
zu machen. Erstmal weg mit der Tante und den Turm aktiviert. Er hat nun
zwar einen Freibauernisolani, aber zumindest ein Turm von mir steht doch
recht aktiv. Und die 40 wären auch voll. Das lassen wir uns doch erstmal
zeigen.
Inzwischen bekommt
Keno ein Remisangebot! Das bringt natürlich die ganze Planung durcheinander.
Also erstmal Rechenschieber raus und Kriegsrat einberufen. Wir haben bislang
0,5 Punkte. Die Bretter von Klaus und Manfred stehen auf Gewinn. Mit dem
Remis von Keno wären es dann also 3 Punkte. Okay, schwierig. Aber
Keno hat die 40 geschafft und kann nunmehr die Uhr laufen lassen. Wir warten
erstmal ab, was sich am Spitzenbrett tut, vielleicht klärt sich ja
die Lage.
Und am Spitzenbrett
tobt die Schlacht. Martin hat dort noch ca. 2-3 Minuten für - na,
sagen wir 11 Züge in komplizierter Stellung. Der Gegner hat irgendwann
doch am Königsflügel gespielt und dort etwas Raum gewonnen, die
Stellung ist aber äußerst unklar bei vollem Brett. Auch der
Wilhelmshavener nimmt so langsam seine letzten 5 Minuten in Angriff. Anscheinend
hätte Martin hier einmal die Dame gegen Turm und zwei Figuren geben
können.
Erstmal wieder zurück
ans eigene Brett. Nachbar Edwin bekommt ein Remis angeboten. Nach einigem
Überlegen lehnt er ab mit den klassischen Worten: "Ich möchte
noch ein wenig spielen." Darauf der Gegner: "Ich eigentlich auch." Man
müsste eigentlich mal eine Aufstellung der besten Sprüche bei
Remisangeboten machen. Mir wäre da noch in Erinnerung: "Ich biete
Remis an." - Gegner: "Kann ich verstehen." Die beiden Spielwilligen setzen
also ihren Positionskrieg fort. Plötzlich das abrupte Ende an Brett
1. In weiterhin ungeklärter Gesamtlage wird die Partie durch eine
Zeitüberschreitung entschieden. Allerdings beim Wilhelmshavener, welcher
die Uhr wohl etwas aus dem Auge verloren hat. Ein hart umkämpfter
Punkt für Martin und Holthusen. 1,5:1,5.
Der Ausgleich, aber
in Wirklichkeit natürlich weit mehr als das! Kann Keno jetzt das Remis
annehmen? Abwarten, nichts überstürzen. Was ist eigentlich bei
Klaus los? Der hat doch seit Ewigkeiten eine Mehrfigur. Mittlerweile sind
es sogar zwei, der Gegner hat nur noch König und einen Bauern... Er
kämpft bis zur letzten Patrone, aber das Unweigerliche tritt schließlich
ein. Glückwunsch an Klaus zum vollem Punkt!
2,5:1,5. Und dann
konnte auch Keno dazu bewegt werden, den Gegner zu erlösen und das
Remisangebot anzunehmen - korrekte Entscheidung.
3:2.
Das ist auch für
mich endlich die Traumkonstellation - denn außer an meinem Brett
wird nun nur noch direkt links und rechts von mir gespielt, ich kann also
jetzt alles im Auge behalten, ohne noch aufstehen zu müssen. Okay,
was hat der Gegner als nächstes für einen Auftrag? Er gibt seinen
freien Isolani auf, um dafür am Damenflügel einen wegzupflücken.
Kann er machen, mein aktiver Turm kann auch seine Bauern von hinten beäugen.
Manfred hat mittlerweile zwei Bauern + Springer gegen Springer. Die Bauern
stehen auf verschiedenen Flügeln und der gegnerische Springer droht
sich gegen den einen zu opfern, wonach der König den anderen aufsammeln
kann. Aber Manfred hat alles im Griff und kalkuliert genau so, daß
sein Springer rechtzeitig den verbliebenen Bauern noch decken kann. So
wird der Springer zum Deckhengst!
Auch hier wird noch
die letzte Patrone verschoßen, aber Manni holt den Punkt zum 4:2.
Manfred war heute hellwach und scheint in guter Spiellaune - 3,5 aus den
letzten 4. Nun ist doch ein Mannschaftserfolg wohl drin!? Abwarten. Edwin
hat ein Endspiel mit Läufer gegen Springer, aber der Gegner bringt
seine Bauern auf die andere Felderfarbe. Es wird dann etwas drinherumgerührt
und Edwin scheint Probleme zu bekommen, da der Springer an einem Flügel
etwas drohen könnte. Aber das muß doch noch alles in der Remisbreite
sein.
Kann ich nicht zwischenzeitlich
einen Bauern gewinnen? Nein, leider nicht, der Gegner hat einen kleinen
Trick aufgestellt. Naja, okay, ich kann ihn mitnehmen, aber er bekommt
einen wieder und hat dann einen Freibauern. Sicherlich immer noch Remis,
aber gibt es in der Zwischenzeit nicht etwas Klareres? Ein Turmschach zwingt
seinen König zurück, ein weiteres Turmschach... Ein paar Turmschachs
später waren wir dann bei einer Zugwiederholung und schüttelten
uns die Hände zum Remis. 4,5:3,5, der Gesamtsieg war gesichert.
Edwin, am Zug, bot
nun seinem Gegner Remis an. Eigentlich hatte dieser schon angenommen, als
Edwin einfiel: "Ich muß ja noch einen Zug machen." Naja, zum Glück
grub er dann mit diesem nichts Schlimmes aus und man wurde sich handelseinig.
Remis! 5:3 lautete somit der Endstand. Ende des Abenteuers!
Holthusen bleibt nach
diesem hart erkämpften Sieg allerdings auf Platz 3 der Tabelle kleben.
Was wäre nicht möglich gewesen in dieser Saison! Aber gut, beim
letzten Kampf in Jever war das Glück auch auf Seiten der Holthuser,
wir dürfen uns also (leider) nicht beschweren. Die Abgänge der
letzten zwei Jahre waren einfach zuviel, sonst hätte man in dieser
Spielzeit sicherlich aufsteigen können. Man muß aber auch konstatieren,
daß die Liga in den letzten Jahren doch etwas schwächer geworden
ist, was sich nach dem Aufstieg von Wildeshausen und Esens-Wittmund deutlich
bemerkbar macht. Mal sehen, wie es nächste Saison weitergeht. Erstmal
haben wir noch zwei Kämpfe, zunächst in drei Wochen noch einmal
daheim gegen Lohne.
-
Matchstatistik -
 |
Im Flieger nach
Cento
fiel uns plötzlich in der Nachbarreihe jemand auf. Es war niemand
anderer als Ruslan Ponomarjov, welcher sich mit der Analyse einer schwierigen
Stellung die Flugzeit vertrieb.
|
|