Erstmalig ausgetragenes
Open in der Nähe von Bologna
Il Basto a.k.a El Basto
alias Sebastian Müer und di Fens a.k.a. D-Fens alias Frank Modder,
also ich, nahmen vom 05. bis zum 13.02. am erstmalig ausgetragenen offenen
Turnier im italienischen Cento teil. Sozusagen für Kurzentschlossene
- eigentlich war eine Turnierfahrt nach Budapest zum First Saturday geplant.
Dann jedoch stießen wir auf die Ausschreibung aus Italien und buchten
kurzerhand um - ein starkes Open versprach mehr als ein geschlossenes Rundenturnier.
Das Open wurde erstmalig
ausgerichtet, mit einem Preisfonds von 26.000 EUR durfte man aber mit starkem
Zuspruch rechnen. Das bestätigte sich dann zwar nicht in der Quantität,
wohl aber in der Qualität, es waren ca. 100 Spieler im Open vertreten,
dazu gab es jeweils vorher und nachher ein parallel ausgetragenes Wochenendturnier
mit 5 Runden, diese Spieler kommen also noch dazu. Wir spielten wie gesagt
im Open mit, welches am 05.02. begann und über 9 Runden ging. Pro
Tag wurde eine Runde gespielt.
Reise und Unterkunft
Die Reise begann bereits
am 04.02. mit einem Flug ab Bremen mit der Lufthansa. Nach einer Stunde
waren wir bereits in München, wo wir in eine Maschine von Air Dolomiti
umstiegen, welche uns nach einer knappen weiteren Stunde in Bologna, der
norditalienischen Großstadt, wohlbehalten absetzte.
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Unser Flieger
ab München - Air Dolomiti.
Schickeres Ambiente
als in den Lufthansa-Maschinen.
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Ein Blick auf
die Alpen.
Könnte auch aus
dem Herrn der Ringe stammen.
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Unsere Unterkunft lag
in dem kleinen Ort Pieve di Cento, welcher nochmal ca. 25 km nördlich
von Bologna gelegen war. Hatten wir für die ersten 1000 km ca. 2 Stunden
netto benötigt, so kamen nun für die restliche Kurzstrecke nochmal
weitere 3 Stunden hinzu für verschiedene Busfahrten - die richtige
Linie muß ja auch erstmal gefunden sein. Doch wir kamen wohlbehalten
in unserer Pension an. Pieve hat ca. 7000 Einwohner und verfügt über
viele Gebäude, die auf das 15./16. Jahrhundert datiert sind. Der Ort
wird an allen vier Seiten von jeweils einem historischen, gemauerten Turm
begrenzt.
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Bologna bei Nacht,
direkt nach unserer Ankunft.
Vom Flughafen kommend
mussten wir hier in
der Innenstadt die
Buslinie nach Cento finden.
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Il Basto gönnt
sich Einen (Burger).
Im Gegensatz zu anderen
Lebensmitteln ist
McDonald's Italien
nicht teurer als in hiesigen Landen.
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Der Ort hat ein paar
gute Cafes zu bieten, die z.B. am zentral gelegenen Marktplatz liegen,
und Restaurants sind auch immer vorhanden. Die Pension lag gut 10 Gehminuten
entfernt vom Austragungsort, nämlich dem Grand Hotel Bologna. Hier
waren wohl auch die meisten der teilnehmenden Großmeister abgestiegen.
Die Spielbedingungen waren sehr gut. Es gab ausreichend Platz und an nahezu
allen Brettern wurde mit DGT-Brett gespielt, sodaß quasi alle Partien
des Turniers live ins Internet übertragen wurden.
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Unsere Unterkunft.
Von außen recht
unscheinbar,
war sie aber innen gut
eingerichtet und wurde
liebenswürdig geführt.
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Eines der vier
historischen Stadttore.
Wenn man sich mal
verlaufen hatte (was natürlich nie
vorkam...) bildeten
sie ein gutes Orientierungsmerkmal.
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Typisches Straßenbild
unseres Ortes.
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Ein Gebäude
in Pieve di Cento.
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Das Turnier
Einige bekannte Großmeister
hatten den Weg nach Cento gefunden, unter ihnen Namen wie Dreev, Romanishin,
Korneev, Delchev usw. Die meisten der Teilnehmer waren jedoch italienischer
Nationalität, Sebastian und ich waren die einzigen deutschen Spieler.
Rundenbeginn war jeweils um 15 Uhr, gespielt wurde 1 Std. 30 Minuten für
40 Züge und für den Rest der Partie gab es nochmal 30 Minuten.
Hinzu kamen 30 Sekunden Aufschlag für jeden ausgeführten Zug
von Beginn an, sodaß man im Grunde wieder bei der alten 2h/40+30-Geschichte
war.
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Der Spielort -
das Grand Hotel Bologna.
Gespielt wurde in
einem separaten Saal,
welcher hier hinter
dem Gebäude gelegen ist.
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Ein Blick in den
Turniersaal.
Links stehen nochmal
die gleiche Anzahl an
Tischen für die
Wochenend-Turniere zur Verfügung.
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Nach ein paar Tagen
eines solchen Turniers hat man eine tägliche Routine, einen Rhythmus
erreicht und verliert schnell jegliches Gefühl für den Wochentag
und die sonstige Welt - gerade wenn man im Ausland weilt und keinerlei
Nachrichten mehr mitbekommt. Man lebt quasi in seiner eigenen Schachwelt
und kann alles andere ausblenden. Ein typischer Tag sieht etwa so aus:
9-10 Uhr frühstücken, danach mit Büchern und Laptop bewaffnet
ein Cafe, das Spiellokal oder sonst eine Örtlichkeit aufsuchen und
auf den nachmittäglichen Gegner vorbereiten, vielleicht nochmal im
Supermarkt die Wasservorräte auffüllen, um 14 Uhr zurück
in der Pension sein, ausruhen und zum Spielhotel laufen. Die Runde ging
von 15 Uhr bis ca. 20 Uhr.
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Sebastian entspannt
sich bei einem Espresso.
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Ich gönne
mir unterdessen erstmal eine Leckerei.
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Danach wurde meist
etwas gegessen und schonmal ein Blick auf die Auslosung für den nächsten
Tag geworfen. Abends wurde vielleicht die Partie vom Tage in den Computer
gehackt und der nächste Gegner schonmal ein wenig in Augenschein genommen,
außerdem kann man jederzeit ein wenig blitzen oder auch mal in die
Stadt gehen.
Turnierverlauf -
1. Hälfte
Sebastian mit seinen
ca. 2200 Wertungspunkten (ELO) war in der oberen Hälfte gesetzt und
landete zum Auftakt einen sicheren Sieg gegen 1670. In Runde 2 dann allerdings
kam ein 2400er, hier war nicht viel zu holen. Der nächste Gegner war
wieder unter 2000 und wurde von Sebastian sicher besiegt. Es folgte erneut
ein 2400er in Runde vier. Um dieses Ping-Pong-Spiel zu beenden, sagte sich
Il Basto, nehme ich doch den Punkt einfach mal mit! Nach gelungenem Eröffnungsverlauf
war er im Vorteil gewesen, bekam aber nach und nach Probleme und verlor
auch einen Bauern. Der Gegner, ein IM, hatte aber starke Zeitnot und Sebastian
stellte ihm eine fiese Falle. Er ließ den IM eine Kombination wittern,
welche dieser auch mit knapper Zeit prompt ausführte, hatte aber noch
etwas weiter gerechnet und ein fürchterliches Schachgebot draufgesetzt.
Hiernach würde sein Gegner Dame gegen Turn verlieren. Der IM hatte
gerade noch genug Bedenkzeit übrig, um aufgeben zu können. Damit
stand Il Basto bei 3 Punkten aus 4 Runden. Eine gute erste Hälfte.
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Il Basto in seiner
Partie der
zweiten Runde gegen
Pierluigi Piscopo.
Das Ping-Pong-Spiel
hatte begonnen...
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Ich wurde unterdessen
auf der Parkbank interviewt.
Nach 1,0/4 ließ
das Interesse der
italienischen Presse
allerdings merklich nach.
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Bei mir mit meinen
1900 ELO lief es nicht ganz so optimal, Knackpunkt war die Runde 3. Zum
Auftakt hatte ich Sebastians IM-Skalp aus Runde 4 gehabt, hier habe ich
klar verloren, wobei ich in der Eröffnung meine Vorbereitung vergaß.
In Runde 2 traf ich dann auf den Auftaktgegner von Sebastian, 1670, welcher
es also gleich zu Beginn mit beiden Deutschen zu tun hatte. Ich hatte hier
wenig Probleme und so hieß es demzufolge Alemannia - Italia 2-0.
Mit einem Punkt aus zwei Runden bewaffnet traf ich auf 2100 in Runde 3.
Nach schwacher Eröffnung kam es zu einem taktischen Handgemenge. Ich
konnte meinen Gegner überspielen und eine gute Stellung erreichen,
als erneut ein Hauen und Stechen eintrat. An dessen Ende hatte ich einen
Mattangriff und er einen Freibauern auf der vorletzten Reihe. Ich konnte
den sicherlich nicht einfach zu spielenden Angriff allerdings in knapper
Zeit nicht korrekt durchführen und verlor. In Runde 4, wieder gegen
2100, hatte ich dann eine etwas schlechtere Stellung, die ich im Endspiel
nicht halten konnte. Somit bei mir also nur ein Punkt aus 4 Runden.
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Im Saal hatte
man eine riesig Fortschrittstabelle
mit allen Teilnehmern
nach Setzliste angebracht.
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So sah das ganze
dann aus der Nähe aus.
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Turnierverlauf -
2. Hälfte
Sebastian war mit seinen
drei Punkten numehr sehr weit vorne dabei und traf in Runde 5 auf den russischen
Großmeister Igor Naumkin. Sebastian konstatierte hinterher, alles
gegeben zu haben, aber der Gegner habe einfach mehr gesehen. Dennoch war
diese Partie eine interessante, offene Feldschlacht, die von den beiden
hinterher auch gemeinsam in einer langen Analyse nochmal besprochen wurde.
In Runde 5 war der Gegner wieder ein 2400-er IM. Sebastian erreichte hier
dank der heimischen Eröffnungsanalyse leichten Ausgleich. Er hätte
am Ende in ein besseres Endspiel abwickeln können, wollte aber die
Figuren behalten und auf Matt spielen, wonach ihn eine Taktik erwischte,
welche Material und die Partie kostete. Das war natürlich ein herber
Rückschlag, doch in den letzten drei Runden sollte nochmal angegriffen
werden. Zunächst ein sehr überlegener Sieg gegen einen Gegner
<2000. Es folgte eine harte Kampfpartie gegen 2370. Sebastian hatte
in dem (nahenden) Endspiel einen Mehrbauern, als der Gegner den Druck nicht
mehr aushielt und in Zeitnot wild herumopferte. Mit zwei Figuren plus konnte
Sebastian den Sieg mitnehmen. 5 aus 8! In Runde 9 hatte Sebastian berechtigte
Hoffnung auf einen Ratingpreis <2300, dazu musste aber ein Remis mit
Schwarz gegen einen britischen 2400-IM her. Il Basto hatte einen Minusbauern
im Endspiel Springer gegen Läufer. Lange sah es so aus, als könne
er Remis halten, verpaßte aber kurz vor Ende doch noch den halben
Punkt nach einer Ungenauigkeit. Somit leider kein Ratingpreis, aber eine
Performance von ca. 2270 und wieder ein Zugewinn an ELO-Punkten.
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Il Basto konzentriert
sich in seiner
Partie gegen IM Borgo,
die er
leider sehr unglücklich
verlor.
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Rechts vorne spielt
der an Nr. 1 gesetzte russische GM Aleksey Dreev gegen Sebastians Punkt
aus der vorletzten Runde. Stehend links Italiens Nr. 3, GM Michele Godena.
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Bei mir ging es zunächst
sehr positiv weiter. Ein 1700-er Gegner in Runde 5 konnte mit einer Eröffnungsfalle
recht schnell abgelegt werden, bevor es in Runde 6 wieder mal gegen 2100
ging. Hier rührte ich zwar in der Eröffnung erneut ein bißchen
drin herum, konnte die Stellung aber letztlich problemlos remisieren. Es
sollte mein einziges Unentschieden im Turnier bleiben. Die beiden Folgerunden
waren aber enttäuschend. Eine Niederlage gegen 2100, welcher meine
Eröffnung aus Runde 5 gesehen hatte und eine Spezialvorbereitung servierte
(ich wusste leider nichts über sein Repertoire in dieser Variante)
sowie eine grausame Niederlage in Runde 8 gegen knapp 2000, in der ich
wieder die Eröffnung grottenschlecht behandelt habe. Na, jedenfalls
weiß man nun, wo man ansetzen muß. Die Schlußrunde bescherte
mir 1660, und mit einer schön herausgespielten Gewinnpartie gelang
mir zumindest ein versöhnlicher Abschluß. Mein Ergebnis von
3,5 aus 9 entspricht in etwa meiner Ausgangszahl im 1900er-Bereich, das
ganze wäre also als "normal" einzustufen.
Rückkehr und
Fazit
Zufriedenstellende
bzw. normale Ergebnisse also für uns, dazu ein gut organisiertes Turnier,
eine ebenso gute Unterkunft - was will man mehr! Eine gute Rückreise
vielleicht. Es ging zurück via Flughafen Bologna, welchen wir diesmal
allerdings mit dem Taxi ansteuerten. Der Taxifahrer konnte entweder schlecht
hören oder hatte ein steifes Bein, soviel Gas, wie er gegeben hat.
Dank der von ihm eröffneten dritten Fahrspur waren wir mehr als pünktlich
vor Ort. Der Rückflug ging diesmal über Frankfurt nach Bremen.
Dort kamen wir dann am Sonntag um 22:30 Uhr auch planmäßig wieder
an - leider nicht unser Gepäck. Das hatte die Lufthansa in Frankfurt
vergessen. Somit gab es noch eine Übernachtung in Bremen obendrauf,
bis am Montag morgen das Gepäck eingetroffen war.
Ansonsten bleibt nur
zu hoffen, daß das Turnier nicht die einzige Ausgabe seiner Art bleiben
wird. Cento 2012 - wir kommen!
Hier noch ein paar
Links:
Turnierseite
mit Ergebnissen
Bericht
bei Chessbase
- frank modder,
17.02.11
*siehe quickstep-chess.de
** siehe schach.de
Sonstiges
Eine neue Erkenntnis
brach sich in Cento bei uns bahn - Eröffnungsvorbereitung wird überbewertet!
Vor der 8. Runde gegen 2370 bereiteten wir für Sebastian eine lange
Variante für ihn mit Schwarz im Drachen vor - hier kann Weiß
entweder Remis machen oder, wenn er einer Zugwiederholung ausweicht, auch
arg unter Druck geraten. Nach stundenlanger Vorbereitung ging es dann guten
Mutes ans Brett. Ich hatte so ca. 2-3 Züge meiner Partie gespielt,
als Sebastian, welcher ebenfalls schon ein paar Züge ausgeführt
hatte, von seinem Brett zu mir kam: "Wir haben Scheiße gebaut. Ich
habe Weiß." Aaaargh! Im Gegensatz zu seinem starken Gegner gänzlich
unvorbereitet, hatte Il Basto aber keine Mühe, zu improvisieren und
diesen dennoch vom Brett zu nehmen (s. oben). Also Leute, guckt euch was
an!
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Sebastian konnte
Erfolgsmeldungen
nach Hause telefonieren
und sich
Informationen über
den Drachen einholen.
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