Nur das Imperium
schlägt immer zurück
Nach längerer
Zeit mal wieder ein Turnierbericht! Von den zuletzt gespielten Turnieren
war sicherlich das jährliche Czech Open in Pardubice erwähnenswert.
Hier erspielten Sebastian und ich ganz gute Turnierleistungen, Sebastian
mit 2367 eine seiner besten überhaupt. Ein paar Diagramme aus unseren
Partien gibt es in der Rückschau
Pardubice.
Nun ging es wieder
mal nach NRW. Das Gocher Open wurde bereits zum 24. Mal ausgerichtet. 160
Spieler trafen sich zu einem siebenrundigen Turnier. Die Veranstaltung
hat einige Pluspunkte. Zu nennen sind vor allem der Spielsaal und der ausreichende
Platz, der den Teilnehmern zur Verfügung steht. Einziges Manko vielleicht:
Es wird immer erst ca. eine Stunde vor Rundenbeginn ausgelost, damit ist
es mit der Vorbereitung meist Essig. Ein Merkmal des Turniers: Es gibt
drei Punkte für einen Sieg und einen Punkt für ein Remis. Wie
im Fußball. Aber bekanntermaßen sorgte dies auch dort nicht
für mehr Tore...
Goch scheint übrigens
ein sehr beliebtes Pflaster zu sein: Unterkunftsmäßig alles
für Monate ausgebucht. Wir konnten aber mit Daniel Prenzler und Markus
Koch eine Ferienwohnungsgemeinschaft bilden. Aber diese Unterkunft war
auch schon sechs Monate im Voraus gebucht worden. Was ist los in der Ecke?
Disneyland Kleve? Westfälische Industriekultur? Ich habe es noch nicht
herausgefunden.
An dieser Stelle noch
ein Hinweis auf den Schachblog
von Daniel, den er zusammen mit Fabian Stotyn betreibt.
Dort ist auch ein Turnierbericht über das Gocher Open zu finden. Nebenbei
bekommen auch hiesige Großmeister dort ihr Fett weg.
Fotos können
wie immer per Klick vergrößert werden
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Der Spielsaal
in Goch.
Die ersten sechs Bretter
spielten auf der Bühne.
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Sebastian alleine
auf der Bühne in Runde drei.
Einsamer Kampf gegen
Gegner und Uhr.
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Lasset die Spiele
beginnen
Sebastian war an Platz
10 gesetzt (mit der Hoffnung also, ins Geld zu kommen; dafür war Platz
5 notwendig). Ich verpasste die obere Hälfte knapp und fand mich demnach
gleich einem starken Gegner gegenüber, Rolf Hundack aus Bremen (2230
ELO/2200 DWZ, ich runde bei den Angaben jeweils ein wenig). Mit Schwarz
erreichte ich aber Ausgleich und nachher sogar etwas Vorteil nach Besetzung
der einzigen offenen Linie. Sebastian hätte - siehe unten - meine
Türme hier vermutlich als Filewalker bezeichnet. Dann aber war ich
zu sorglos:
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Hundack - Modder
Weiss hatte Tb3-d3
gespielt.
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Weiss hat mit seinem
letzten Zug natürlich erstmal d4 gedeckt. Weiterhin hat er nun auch
die Option b3. Hier wählte ich zu vorschnell Sb4?, was natürlich
in Tg3 hineinlief. Sb4 ist ein typisches Beispiel für einen EAZ -
einen Elo-Anzeige-Zug. Ein Spieler kann noch so lange noch so gut spielen,
irgendwann einmal wird er einen Zug machen, der seiner Zahl entspricht
(im Vergleich zu seinem stärkeren Gegner, der diesen Fehler dann ausnutzt
und das zu erwartende Ergebnis stellt sich ein). In den allermeisten Fällen
läuft es irgendwann so.
Nach dieser kalten
Dusche loste man mir ein Kind (Jg. 2000) zu (1650/1500). So etwas ist immer
unangenehm. Mein weiss es ja nie: Spielt man bereits gegen den jungen Kasparov?
Meist ist es gut, gegen die Kids ins Endspiel zu gehen. Ich fand auch einen
Weg, das Mittelspiel komplett zu vermeiden und erreichte schnell
eine Wunschstellung, die wie folgt aussah:
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Modder - K. Verfürth
Nach dem 8. Zug von
Schwarz.
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Eine kuriose Stellung:
Weiss hat alle bislang entwickelten Figuren abgetauscht, Schwarz hat bereits
rochiert und somit einen Entwicklungsvorsprung, Aber auch einen isolierten
und einen Doppelbauern, die Damen sind vom Brett.. Was will man mehr mit
Weiß? Er verteidigte aber sehr zäh. Nach Öffnung am Damenflügel
meinte ich, dort einen Bauern mitnehmen zu können. Er könne nicht
zurückschlagen, da ich dann den Turm tausche in ein für ihn verlorenes
Bauernendspiel. So kam es. Aber dieses Endspiel mit klar besserem König
und entferntem Freibauern erwies sich sehr überraschend als nicht
gewinnbar. Das war bitter.
Allerdings folgte in
Runde drei ein klarer Sieg mit Schwarz gegen 1750/1450. Das ist natürlich
eine sehr dankbare Ratingkombination, so kann man leicht ein paar Elo-Punkte
schmatzen. Nach einem frühen Figurenfang musste ich nur noch ein paar
Taktiken des Gegners bewältigen. 1,5/3 waren natürlich keine
so sehr erfolgreiche erste Hälfte.
Sebastian und
das Wunder von Goch
Sebastian hatte große
Probleme in der Auftaktrunde gegen (1900/1800). Um mit Schwarz stumpfen
Remisabsichten des Gegners aus dem Wege zu gehen, wählte Sebastian
einen sehr scharfen Aufbau. Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, waren
aber eine Qualität und zwei Bauern im Netz hängengeblieben. Sebastian
versuchte alles Mögliche, um sich zu retten. Und der Gegner half kräftig
mit und spielte einige unsaubere Züge. Er verlor einen Bauern, opferte
die Qualität und verlor den nächsten Bauern. Das Endspiel mit
jeweils Dame, Springer und zwei Bauern war Remis, was Sebastian aber ablehnte.
Beim Damentausch nahm der Gegner falsch wieder und Sebastian konnte mit
einer Kombination einen Bauern abräumen und das Endspiel noch nach
Hause holen. Also jede Menge EAZ waren hier zu sehen. Schach ist so kompliziert...
Die Runden zwei und
drei brachten Bast ebenfalls Gegner, die auf dem Papier deutlich schwächer
waren: 2100/2000 und 1960/1800. Auch wenn diese sich stark wehrten, vor
allem der letztgenannte Gegner war klar unterbewertet, war Sebastian hier
aber auf dem Posten und erreichte jeweils einen klaren Punkt. 3,0/3 und
nun warteten die großen Aufgaben.
Soweit der Start des
Turniers. Was macht man eigentlich in verschlafenen Nestern wie Goch am
Abend, wenn keine Partievorbereitung möglich ist? Einmal half die
WM-Qualifikation im Fußball weiter. Aber eine andere gute Chance
ist das Aufbessern der eigenen Kochkünste. Sebastian trat hier in
Aktion:
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Mal nicht in der
Analysierküche:
Statt etwas für
die kommenden Gegner anzurühren,
zeigte Sebastian,
was er im Kochen auf der Pfanne hat.
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Bohnen mit Speck!?
Bud Spencer und Terence
Hill hätten hier ihre wahre
Freude daran gehabt,
aber wir waren auch zufrieden.
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In der Mitte der
Schlacht
Ich spielte zunächst
noch weiter Ping-Pong: In einer passiven Stellung gegen (2140/2100) stampfte
ich einen Bauern weg und verlor. Die Stellung war sonst sicherlich noch
spielbar, aber es wäre auch so eine harte Verteidigungsaufgabe geworden.
Anschließend ging es gegen 1450 DWZ und es gab einen recht deutlichen
Sieg. In einem Abtauschsystem spielte der Gegner einfach zu passiv. Mit
2,5/5 war ich also weiterhin bei 50%. Immer noch zu wenig.
Sebastian traft nun
auf den an Nr. 3 gesetzten Westfalen-Blitz IM Podzielny (2440/2370) mit
Weiß. Den konnte er bereits zwei Jahre zuvor beim Schnellturnier
in Herne einmal besiegen. Schwarz opferte einen Bauern,
die Stellung war in etwa ausgeglichen. Sebastians Mehrbauer war ein Doppelbauer
auf der a-Linie, sein Gegner bekam diesen auch später zurück.
Sebastian hatte nicht sehr viele aktive Möglichkeiten, andererseits
auch keine unlösbaren Probleme - bis auf die sich anbahnende Zeitnot.
Und sein Gegner hat nicht umsonst den Spitznamen Podzblitz. Das Endspiel
hätte von Sebastian wohl nicht verloren werden müssen, aber irgendwann
wurden die Probleme, die der gegnerische Freibauer und die aktiven Figuren
machten, zu viel.
Er ließ in Runde
fünf aber einen schönen Schwarzsieg mit einem kombinatorischen
Feuerwerk nebst Turmopfer folgen. Der Gegner war mit 2000/1850 wiederum
aus der Kategorie „deutlich schwächer“. Auch Sebastian widmete sich
also dem Spiel mit dem kleinen Schläger. Mit 4,0/5 hatte er aber weiterhin
noch Chancen auf Geld.
Wieder wurde es Abend
in Goch. Und diesmal nutzten wir die Zeit für einen netten Videoabend:
Vier Stunden Chessbase-Training mit Martin Breutigam. Unsere Mitbewohner
befanden dies als „krank“ – Schach total halt! Nach diesem Blockbuster
war Sebastian anscheinend im Hollywood-Modus und versuchte, schachliche
Philosophien mit Star-Wars-Analogien zu verdeutlichen. So müsse man
zum Beispiel stärkere Gegner, auch wenn sie im Abschwung sind, immer
respektieren, denn: „Unterschätze nie die Macht des Imperators!“.
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Ein netter Videoabend
mit...
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... Qualitätsprodukten
aus dem Hause Chessbase.
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Endspiel
In der Schlußphase
war dann auch die Macht mit uns. Ich beendete das Turnier mit zwei guten
Ergebnissen: Gegen 2120/2060 spielte ich zunächst Remis. Hierbei hatte
ich mit einem Mehrbauern jedoch auch Aussichten auf mehr. Mein Le5 konnte
auf g7 nehmen mit Angriff auf den Th8, der nach g8 zog. Der Läufer
ging nach e5 zurück und Schwarz plante wohl, sich den Bauern nun durch
Tg2: zurückzuholen, was aber in Lg3 mit Turmfang hineingelaufen wäre.
Muss man mit 2100 eigentlich sehen. Obwohl… Jedenfalls nahm er Abstand
vom Wiedernehmen (nur das Imperium schlägt immer zurück) und
hatte erstmal den erwähnten Minusbauern. Später gab ich die Partie
Remis, kurz bevor ich meinen EAZ ausführen konnte.
In der letzten Runde
gegen 2000/1950 hatte ich mit Schwarz eine annehmbare Stellung nach der
Eröffnung. Mein Gegner verlor dann einen Bauern, jedoch wickelte ich
nicht ganz korrekt ab und er bekam den Bauern wieder. Oder vielmehr: Er
hätte. Denn so, wie er nahm, verlor er eine Figur. Möglicherweise
dachte er, er könne nicht anders nehmen, da ich danach starken Königsangriff
bekomme. Aber er hätte sich gerade so halten können, außerdem
musste er nicht die Figur einstampfen. Er gab direkt auf. 4,0/7, das entspricht
einer Turnierleistung von 1986/1917 und jeweils ca.10 Punkten Zugewinn.
Ganz okay, dabei hatte ich eher das Gefühl, in diesem Turnier viel
herumgelotzt zu haben. Mit der Qualität vieler meiner Partien bin
ich nicht zufrieden.
Sebastian bekam in
der vorletzten Runde die Nr. 1 der Setzliste - den ambitionierten GM Sumets
(2600/2600). Ein gutes, wie zugleich eher seltenes Beispiel für einen
Menschen, der trotz Erinngung des Großmeistertitels völlig normal
geblieben ist. Obwohl mit den weißen Steinen spielend, kam Sebastian
schnell in eine schlechtere Lage, nachdem er irgendwie die Pläne gemixt
hatte. Er hatte aber bewusst einen nicht zu positionellen Aufbau gewählt
und war in den Stellungsbildern nicht so zu Hause wie üblich. Als
er einen Bauern einstellte, gab er gleich auf.
Die letzte Runde brachte
dann nochmal ein Schmankerl. Sebastian musste mit Schwarz gegen unseren
Mitbewohner Markus (2150/2050) spielen. In der Unterkunft begann bereits
eine erbitterte, psychologische Schlacht: Laut vernehmlich rief Sebastian
mir zu: "Bring' mir mal mein Benoni-Buch." Spannende Fragen tauchten nun
auf: Würde Markus auf diese Provokation eingehen und kein Benoni zulassen?
Würde er gerade deshalb nicht ausweichen, um keine Schwäche zu
demonstrieren? Oder würde Sebastian in Wirklichkeit etwas anderes
spielen? Fragen über Fragen...
Beide spielten aber
prinzipiell und es gab ein hartes, taktisches Benoni-Gefecht. Erneut
blickte Sebastian in den Abgrund, wie in der Auftaktrunde, konnte sich
aber noch einmal retten. Als Markus dann ein entscheidendes Abzugsschach
zu drohen schien, packte Sebastian noch ein Damenopfer obendrauf. Hier
konnte er ein Grundreihenmotiv ausnutzen. Es wäre jedoch auch sogar
noch profaner gegangen. Diese Partie fällt in die neu geschaffene
Kategorie „glücklicher Glanzpunkt“. 5,0/7. Sebastians Turnierleistung
ist damit 2309/2285, was ihm ebenfalls ca. 10 Punkte in beiden Wertungskategorien
an Zuwachs bringt.
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Markus und Sebastian
bei ihrer Schlacht.
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Fazit
Durch die letzte Runde
haben wir uns beide noch auf jeweils +10 geschraubt - sehr wichtige Partien
mit interessantem Verlauf. Dadurch wurde das Turnier ein relativer Erfolg.
Natürlich hätte Sebastian gerne Geld mitgenommen, mit Platz sieben
fehlten aber zwei Ränge dazu. Letztlich aber alles im grünen
Bereich. Allerdings kann ich wie gesagt mit einigen Partien nicht zufrieden
sein, auch Sebastian wackelte zweimal gegen schwächere Gegner, auch
wenn er sich noch jeweils durch seinen bekannten Kampfgeist herausfightete.
Ein empfehlenswertes
Turnier, gute Spielbedingungen. Aber wenn man Wert auf die Vorbereitung
legt, eher ungeeignet.
Hier noch der Link
zur Turnierseite:
Gocher
Open
- frank modder,
11.09.2013
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Darth - ich bin
dein Vader.
Die dunkle Seite -
der macht nichts.
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