Turnier und
Urlaub in Frankreich
Während man in
Deutschland dabei war, die Demokratie zu retten, verließen wir das
Land einmal mehr in Richtung Frankreichs Nordosten zum großen Open
in Capelle la Grande. Dürfte mittlerweile die fünfte Frankreich-Fahrt
gewesen sein. Sebastian wollte seine zuletzt aufsteigende Form bestätigen
nach einer erfolgreichen Landesmeisterschaft
und einem Open in Prag. Ich versuchte mich als Sekundant. Frage war, ob
es trotzdem reichen würde für Sebastian!
Capelle - das sind
über 500 Spieler in einem Turnier. Es wird beschleunigt gelost, dennoch
hat das Ganze auch seine Tücken. Man spielt vermutlich entweder ein
sehr schlechtes oder ein sehr gutes Turnier. Diesmal waren die Meldungen
positiv. Sogar eine IM-Norm winkte am Horizont! Eindrücke vom Turnier
und der Umgebung findet man im Bericht
über die Ausgabe von 2023.
Erste Hälfte
In Capelle droht einem
ein Pingpong-Spiel: Starker Gegner, schwacher Gegner, starker Gegner usw.
Man muss also irgendwie dort ausbrechen. Zum Auftakt gab es einen recht
klaren Weißsieg gegen 2000. Das war also Pflicht. Und nun galt es
etwas zu machen gegen einen jungen bulgarischen FM (2405), gegen den Sebastian
bereits im letzten Jahr in Capelle Remis spielte.
2024 landete der Bulgare
auf dem geteilten 1. Platz seiner nationalen Meisterschaft! Weiß
wechselte im Vergleich zu 2024 die Eröffnung, aber Sebastian erhielt
im Mittelspiel eine gute Stellung. Mit wenig Zeit konnte der Nachfolger
Topalovs den Problemen nicht Herr werden:
FM
Kanov (2405) - Sebastian 0:1
Das war natürlich
ein Superstart in das Turnier. Nun folgte ein Tag mit einer Doppelrunde.
Morgens ging es gegen einen Großmeister. Auch diese Partie spielte
Sebastian im Vorwärtsgang:
Sebastian
- GM Flom (2455) ½:½
Eine spannende Partie.
Meist waren die Chancen hier auf der Seite von Weiß. Mit 2,5/3 ging
es natürlich auch weiterhin gegen hochkarätige Gegner. In der
Nachmittagspartie, also in Runde vier, wartete IM Defromont. Und hier hatte
Sebastian (mit Schwarz) dann auch mal Glück. Er stand schlechter ausgangs
der Eröffnung, aber Weiß nahm die Chancen nicht wahr:
IM
Defromont (2395) - Sebastian ½:½
Etwas lasch gespielt
von Weiß (für einen IM), aber letztlich auch gut herausgekämpft.
Starke Resultate also weiterhin. Wie immer musste das Pfand sofort wieder
entrichtet werden: Sebastian bekam in der Folgerunde erneut Schwarz. Ungewöhnlich
bei so einem großen Teilnehmerfeld. Und wie so häufig in den
letzten Turnieren lief es auf einmal mehr Schwarz hinaus. Gegen IM Duboue
(2440) kam Bast nicht in die Partie und verlor recht schnell. Somit 3,0/5.
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Ein Portal am
Strand von Capelle?
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Winterlandschaft
am Kanal mit Dogge
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Zweite Hälfte
Das war ein kleiner
Rückschlag und eine leichte Abwärtstendenz war zu beobachten
gewesen. Es kam eine weitere Doppelrunde gegen schwächere Gegner.
Hier stoppte Sebastian den Abwärtstrend mit zwei Punkten. Gegen 1935
stand er zunächst aber auf Verlust, gegen einen jungen 2025er gab
es hingegen einen schönen Sieg. Schauen wir kurz auf die erstgenannte
Partie:
Sebastian - Tong, Schwarz
am Zug.
Eine kritische Stellung.
Schwarz hat zwei Bauern, aber sein Springer steht im Abseits, wohingegen
alle weißen Figuren Richtung Königsflügel schauen. Schwarz
patzte hier mit 38. … Dc5? Leider nahm Sebastian die Chance nicht wahr
und stand danach wohl auf Verlust, konnte aber mit einer Konzertierten
Aktion seiner drei Figuren einen entscheidenden Königsangriff lostreten.
Was hätte Weiß spielen sollen nach Dc5? Auflösung am Ende.
5,0/7 also nach dem
erfolgreichen Doppelspieltag. Für eine IM-Norm waren noch 1,5 Punkte
aus den beiden folgenden Runden nötig. Also eine Turnierleistung von
2450 ELO oder mehr. Das war dann tatsächlich drin, auch wenn sich
das Finale nun als etwas lauwarm erweisen sollte. In der vorletzten Runde
verpasste Bast einen Sieg mit Weiß gegen einen IM. Der Gegner wurde
überspielt, aber Sebastian konnte das Turmendspiel nicht nach Hause
bringen:
Sebastian
- IM Degraeve (2371)
Das war etwas bitter,
diese Stellung hätte man eigentlich gewinnen müssen. Am Ende
sieht man natürlich nicht mehr so klar nach über fünf Stunden
Kampf mit zwei Restminuten… Nun musste allerdings in der letzten Runde
ein ganzer Punkt her für eine Norm, und es ging mit Schwarz gegen
einen starken jungen FM (2352).
Sebastian spielte eine
gute Partie, die mit Remis hätte enden sollen. Weiß bot nach
dem Damentausch Punktteilung an, aber Sebastian versuchte das Endspiel
zu gewinnen und überschritt dabei die Remisgrenze. Man musste es versuchen,
aber danach hätte man das Endspiel nicht zu verlieren brauchen:
FM Yordanov - Sebastian,
Schwarz am Zug.
Bast hätte hier
mit Schwarz am Zug wohl Remis machen können, indem er auf f3 tauscht
und dann auf d5 nimmt. Das Turmendspiel sollte ohne größere
Komplikationen mit Remis enden. Leider kam es wie gesagt anders. Somit
am Ende 5,5 und sicherlich einen halben Punkt zu wenig. Es bleibt trotzdem
eine Leistung von 2350 ELO und ein Zugewinn von 30 Punkten. Da war auch
noch Luft. Ein sehr starkes Turnier!
Fazit
Mal wieder war Capelle
eine Reise wert. Diesmal auch schachlich. Das Sonstige ist sowieso immer
vernünftig. Die Unterkunft direkt am Meer hat sich bewährt, wenn
es auch noch ein ganzes Stück bis zum Spielort ist. Diesmal gab es
einen heftigen Wetterumschwung: Erst noch Schnee und Temperaturen um den
Gefrierpunkt, dann zwei Tage später 18 Grad. Das beweist, dass der
Klimawandel menschengemacht ist: Es muss die heiße Luft des Wahlkampfes
gewesen sein, die nach Frankreich weitergewandert ist.
Hier noch der Link
zur Turnierseite:
Capelle
la Grande Open
- frank modder,
24.02.2025
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Das Ding von Dünkirchen
- Portal in neue ELO-Dimensionen?
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Auflösung Diagramm
gegen Tong: Weiß setzt Matt in 3 Zügen mit 39. Lh7+.
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